Facebook ist klasse. Nachdem angeblich ein Blogger für den Sturz Rücktritt unseres ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler verantwortlich gemacht wird, nutzen Spin Doktoren (?) und Privatpersonen die Kraft von Facebook, um Joachim Gauck in das höchste politische Amt der Bundesrepublik zu heben.
Auch ich bin gestern Abend gegen 22:30 Uhr als Nummer 9.103 der Gruppe “Joachim Gauck als Bundespräsident” beigetreten und habe umgehend von drei weiteren Usern ein “Gefällt mir” für meinen Kommentar “ich bin jetzt auch dabei” erhalten.
Zu dem Namen “Joachim Gauck” in Verbindung mit dem Amt des Bundespräsidenten finden sich bis dato nicht weniger als 18 Gruppen bei Facebook.
Und bis zum 30. Juni 2010, dem Tag der Wahl zum Bundespräsidenten, werden es sicherlich nicht weniger. Interessanterweise und wenig überraschend findet sich derzeit keine einzige Gruppe von “Christian Wulff” in Verbindung mit der Wahl zum Bundespräsidenten:
Sicherlich: es sind nicht die Blogger, Twitterer und Facebook-User, die über die Besetzung des neuen Staatsoberhauptes unseres Landes entscheiden. Aber geben sie nicht einen durchaus repräsentativen Querschnitt unserer Gesellschaft ab? Die Onliner aus der Web 2.0-Generation haben wenig gemeinsam mit den Nerds der Neunziger, die emotional und sozial vereinsamt waren (und es vielleicht noch sind) und keine eigene, geschweige denn eine politische Meinung haben. Und die Onliner des Jahres 2010 verstehen es, ihrer Meinung Ausdruck zu verleihen und diese zu vertreten. Das unterscheidet die politische Welt 2010 von der Pre-Internet-Welt anno 2000.
Inzwischen sind auch die klassischen Medien auf diesen Zug aufgesprungen und attestieren, “Netnutzer würden Gauck wählen” (Süddeutsche Zeitung) und “Joachim Gauck ist Liebling der Netzgemeinde” (DerWesten). Es wird ein spannendes Experiment mit ungewissem Ausgang, wer am Ende des Monats als neues Staatsoberhaupt gekürt wird. Sollte wirklich Joachim Gauck gegen Christian Wulff die Oberhand gewinnen, ist dies sicherlich auch ein Erfolg der Netzgemeinde.
Disclaimer: Ich komme aus einer mäßig politisch aktiven Familie, bin mäßig politisch interessiert und mäßig politisch sachkundig. Etwaige Fehler bei meinen Ausführungen möge man mir verzeihen und mich darauf hinweisen. Ich bin lernfähig.
8. Juni 2010 um 11:51
Wir "Digital Natives" oder "Digital Imigrants" sind leider kein repräsentativer Querschnitt durch die Gesellschaft, da wir in der Regel besser ausgebildet sind und ein höheres Einkommen als Online-Verweigerer haben. Daher kann man von Online-Abstimmungen/Facebook-Gruppen/etc. nicht auf die Allgemeinheit schließen.
Sieht man ja auch gut an Zensursula: Die hat im Politbarometer des ZDFs Zustimmungswerte, die nur von Guttenberg geschlagen werden, während sie online quasi nur auf Ablehnung stößt.
8. Juni 2010 um 17:24
OK, aus Facebook bin ich "ausgetreten". Die Datenkrake kann mich mal in Ruhe lassen.
Auf meinem Blog habe ich Deine Idee aufgegriffen und sehr knapp meine Meinung zu "meinem Kandidaten" kundgetan.
Auch wenn wir nicht den Durchschnitt der Bevölkerung bilden, so können wir doch unsere Meinung äußern und meinungsbildend sein. Auch wir sind ein Teil der Öffentlichkeit bzw. der veröffentlichten Meinung.
Also: Blog for the Präsident! 😉
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