Nach der Pokal-Pleite bei Kickers Offenbach stand für den BVB am heutigen Sonntag am Mainzer Bruchweg das zweite von vier Auswärtsspielen auf dem Programm. Mit dem FSV Mainz 05 stand der Tabellenführer (24 Punkte) als Gegner auf dem Spielplan, und die Dortmunder hatten die Chance, mit einem Sieg den Platz an der Sonne zurückzuerobern (22 Punkte). Auch die Mainzer hatten sich unter der Woche am Aachener Tivoli nicht mit Ruhm bekleckert und waren gegen den Zweitligisten ausgeschieden. Somit kam es zum Gipfeltreffen der Pokal-Looser.
Vor dem Spiel hatte ich kein gutes Gefühl. Seit dem 1:1 gegen Paris St. Germain haben die Dortmunder spielerisch immer weiter abgebaut; das zeigte sich auch beim 1:1 in der Vorwoche daheim gegen Hoffenheim, als eine Heimpleite in allerletzter Sekunde vereitelt werden konnte. Dementsprechend angespannt bin ich in die Live-Übertragung bei Sky gegangen und habe nicht mehr als ein Unentschieden prognostiziert.
Bei sonnigem Herbstwetter, einem ausverkauften Stadion und 14 Grad war alles bestens angerichtet zum Toptreffen. Beim BVB kehrte Sven Bender in die Anfangself für Antonio da Silva zurück und auch Kevin Großkreutz durfte wieder von Beginn an spielen und ersetzte Robert Lewandowski.
Die Mainzer legten los wie die Feuerwehr und starteten direkt nach dem Anpfiff durch. Dortmund schien ein wenig überrascht und antwortete mit nervösem Spielaufbau. Beide Teams boten packenden Tempofußball mit intensiven Zweikämpfen. Die bis dahin beste Chance hatte Lucas Barrios in der 13. Minute, als er verfolgt von vier Mainzern den Ball nur wenige Zentimeter am linken Torpfosten der Gastgeber vorbeigeschnippelt hat. Auf der Gegenseite rettete Neven Subotic einen erfolgsversprechenden Angriff der Mainzer (15.).
Aber: Mainz bestimmte das Tempo und Dortmund hat die Chancen. Nach 18 Minuten verpasste Barrios erneut knapp und eine weitere Minute später blieb eine feine Einzelleistung von Mario Götze unbelohnt. Erneut war die Chancenverwertung der Borussen unterirdisch – hauptsache, das rächt sich nicht, war meine Angst nach 20 Minuten Spielzeit.
Doch der 18-jährige Götze machte es in der 26. Minute besser als beim ersten Mal, tanzte durch die Mainzer Abwehrreihen und schob lässig ins linke Eck ein – 1:0 und die vorläufige Tabellenführung. Der Führungstreffer war gleichzeitig das 2.500. Tor der Borussia in der Bundesliga.
Nach einer halben Stunde war wenig von der Mainzer Offensivkraft der ersten Minuten zu sehen und die Dortmunder Überlegenheit unverkennbar. Ich war erleichtert, dass sich der spielerische Negativtrend der letzten drei Partien nicht fortzusetzen schien. Der BVB kombinierte gekonnt und setzte spielerische Akzente. Einfach klasse!
Die Gäste setzten auch nach dem 1:0 die Überlegenheit fort. Lucas Barrios’ Pfostentreffer auf Kopfballvorlage von Neven Subotic nach 34 Minuten war übrigens der achte Aluminum-Treffer der Schwarz-Gelben – Höchstwert in der Liga! Doch beide Mannschaften mussten danach dem hohen Anfangstempo der ersten halben Stunde Tribut zollen; das zeigte sich insbesondere an der fehlenden Spritzigkeit und Präzision in den Aktionen der Akteure.
Mit einem mehr als verdienten 1:0 für Borussia Dortmund ging es nach 45 Minuten in die Pause. Ärgerlich war allerdings, dass Klopps Spieler nur mit einem Tor in Front lagen; Einschussmöglichkeiten für mindestens zwei weitere Treffer waren vorhanden.
Die zweite Halbzeit begann mit einem Schockmoment für Borussia. Ein nicht ungerechtfertiger Elfmeter stellte Roman Weidenfeller auf die Probe und Weidenfeller hielt (48.)! Nur zwei Minuten später war es erneut der Dortmunder Schlussmann, der dem Mainzer Stürmer die Lederkugel wegpflücken konnte. Puh, was für ein Beginn!
Der Offensivdrang der Mainzer beunruhigte mich sehr, denn vom BVB war in der zweiten Halbzeit vorerst wenig zu sehen. Insbesondere Lewis Holtby vom FSV Mainz 05 tanzte regelrecht durch unsere Defensive. Chance um Chance erspielte sich die Mannschaft von Thomas Tuchel, doch der Abschluss war ähnlich wirkungslos wie bei Dortmund in der ersten Halbzeit.
Die spielerische Verbesserung zeigte sich insbesondere beim Dortmunder Japaner, der in den vergangenen Parti glücklos und müde wirkte. Shinji Kagawas Distanzschuss konnte von Mainz’ Wetklo mit letzter Kraft zur Ecke geklärt werden (64.). Mario Götze war auch am zweiten Dortmunder Treffer beteiligt: nach einer feinen Einzelleistung spielte er den Ball auf den links frei stehenden Barrios, der gekonnt gegen Wetklo zum 2:0 einnetzen konnte (66.) und seinen fünften Liga-Treffer feierte. Die Tabellenführung zum Ende des zehnten Spieltags war in greifbarer Nähe.
Nach 69 Minuten kam Felipe Santana zu seinem zweiten Saisoneinsatz und wurde für den angeschlagenen Mats Hummels eingewechselt. Der Spieler des Spiels, Mario Götze, wurde nach 79 Minuten gegen Joker Robert Lewandowski ausgetauscht. Mit Lucas Barrios wurde der zweite Dortmunder Torschütze ebenfalls ausgewechselt und in der 86. Minute Antonio da Silva ins Spiel gebracht. Tore sind in dieser Partie, die dem Prädikat mehr als gerecht wurde, nicht mehr gefallen.
“Der erste Ansprechpartner für die Meisterschaft ist jetzt Borussia Dortmund”, meinte der Sky-Kommentator nach dem fünften Auswärtssieg in Folge und 25 Punkten in zehn Spielen. Ich bin nicht so euphorisch und warte die nächsten Begegnungen ab.
Trotzdem: dieser überzeugende Sieg gegen eine weitere Spitzenmannschaft (und bisherigen Tabellenführer) ist ein erneuter Beleg für die spielerische Entwicklung der Dortmunder Youngster und eine Wiedergutmachung für das Pokal-Aus am Mittwoch. Gekrönt wurde die tolle Leistung am Mainzer Bruchweg mit der Rückkehr an die Tabellenspitze. Die gesamte Konzentration gilt nun dem Europa League-Auswärtsspiel in Paris am kommenden Donnerstag. Ein Sieg ist Pflicht, will sich die Borussia nicht vorzeitig aus dem europäischen Geschäft verabschieden.
Nachtrag: fünf Auswärtssiege in Folge zu Saisonbeginn konnte in der Geschichte der Bundesliga bislang noch keine Mannschaft für sich verzeichnen; dem BVB indes ist das gelungen. Respekt!