Der 29. Spieltag führte Borussia Dortmund nach Hamburg zum HSV, der vor Saisonbeginn der Geheimfavorit Jürgen Klopps auf den Titel gewesen ist. Doch bekanntlich kam es im Laufe der Spielzeit anders: die jungen Wilden vom BVB verzaubern die Liga, während der HSV mehr durch Trainerwechsel und Vereinsquerelen aufgefallen ist. Die Gastgeber standen vor der Partie auf dem siebten Platz, Dortmund grüßt weiterhin vom ersten Rang.
Bei bestem Fußballwetter und Sonne satt erlebten 57.000 Zuschauer einen im Vergleich zur Vorwoche (4:1 gegen Hannover) personell unveränderte Borussia. Die Hamburger sind der jüngste Angstgegner – zumindest was die Partien an der Alster angeht: seit vier Jahren holte Borussia Dortmund sage und schreibe null Punkte bei den Blau-Weißen. Es war an der Zeit, diese Schmach zu tilgen.
Die Anfangsphase der Partie ging zweifelsfrei an den Hamburger SV. Die Dortmunder konnten sich nicht wirklich in Szene setzen und ließen den Hausherren zu viel Platz. Die Flanken in den Strafraum waren zu unpräzise und der Spielaufbau nach vorn zu behäbig – es war keine Überraschung, dass für Dortmund nach 35 Minuten nicht eine einzige Torgelegenheit zu Buche gestanden hat. Einzige Ausnahme war das vermeintliche 1:0 von Lucas Barrios in der 34. Minute, das der Unparteiische wegen Abseits nicht anerkannt hat. Die Fernsehbilder haben in der Nachbetrachtung eindeutig bewiesen, dass das Tor regulär erzielt worden ist. Ungewöhnlich, aber wahr.
Unglaublich auch die Schiedsrichterleistung von Peter Gagelmann in der 38. Minute, als Mats Hummels Einsteigen gegen Mladen Petric als Elfmeter gewertet wurde. Spaß beiseite, der Strafstoß war nicht ungerechtfertigt. Roman Weidenfeller war in der Folge chancenlos gegen Ruud van Nistelrooy – und es stand 0:1 aus Sicht der Schwarz-Gelben (39.).
Riesenpech in der Schlussminute der ersten Halbzeit, als die Dortmunder das runde Leder nicht im Tor vom bereits geschlagenen Frank Rost unterbringen konnten – Mario Götzes Schuss wurde in sprichwörtlich letzter Sekunde von der Linie gekratzt. Somit ging es mit einem überraschenden 1:0 für den Hamburger SV in die Kabine. Erinnerungen an das vergangene Spiel daheim gegen Hannover 96 kamen auf, als die Dortmunder erst nach dem Rückstand richtig ins Spiel gekommen sind – sollte es heute wieder so sein?
Ohne Wechsel in der Startelf kehrten beide Mannschaften aus den Katakomben in Hamburg zurück. Und Mario Götze hatte nach vier Minuten die Riesenchance zum 1:1-Ausgleich nach Pass von Nuri Sahin. Doch sein Schuss strich deutlich über das HSV-Tor. In der 55. Minute die zweite dicke Chance für den BVB, doch Lucas Barrios’ Kopfball landete knapp neben dem linken Pfosten. Der Schiedsrichter schien kein Dortmunder Freund zu sein, denn in der 58. Minute wurde erneut eine vielversprechende Torchance von Barrios wegen angeblichen Abseits abgepfiffen. Unfassbar!
Nach den ersten fünfzehn Minuten der zweiten Halbzeit war klar, dass Dortmund deutlich verbessert agierte und auf den Ausgleich mit Vehemenz drängte. Viel besser das Offensivspiel der Klopp-Elf, viel stärker das Durchsetzungsvermögen. Um die Offensive zu stärken, kam Kuba in der 62. Minute in die Partie und ersetzte den glücklos agierenden Robert Lewandowski, der gerade mal zwei Torgelegenheiten zustande gebracht hatte. Mario Götze rückte jetzt ins Zentrum, während Kuba die rechte Seite beackerte.
Die Dortmunder Dominanz setzte sich weiter fort und ab der 60. Minute spielte nur Borussia Dortmund. Doch Götze, Barrios und Pisczek scheiterten im Minuten-Takt vor dem Tor des HSV. Mo Zidan ersetzte den an der Leiste verletzten Lucas Barrios in der 77. Minute und wurde mit Pfiffen der HSV-Fans empfangen.
Spannend wurde es in der 78. Minute, als Ben-Hatira mit gelb-roter Karte vom Platz geschickt worden ist. Gegen zehn Hamburger konnte der BVB nun sein Powerplay aufziehen und hatte gut eine Viertelstunde Zeit, die vierte Saisonniederlage zu verhindern. Patrick Owomoyela kam für Sven Bender in der 80. Minute ins Spiel und nach langer Verletzungspause zu seinem sechsten Einsatz in dieser Spielzeit.
Doch alle Angriffsbemühungen nutzten nichts. Hamburg verteidigte mit Glück und Geschick und brachte das knappe Ergebnis über die Zeit. Nach der vierten Niederlage der Saison werden nun wieder die Kritiker auf den Plan treten, die nach dem grandiosen 4:1-Sieg gegen Hannover verstummt waren. Und sofern Bayer Leverkusen morgen wie erwartet das Heimspiel gegen St. Pauli gewinnt, ist der Vorsprung auf die Werkself auf vier Zähler geschmolzen.
Die Offensivbemühungen der Borussia wurden am Ende spät belohnt: der eingewechselte Kuba sorgte mit einem fulminanten Treffer in der 92. Minute für den mehr als verdienten Ausgleich der Gäste. Mit diesem 1:1 gehen die Borussen als moralischer Sieger in den Endspurt der Liga, der ein vermeintlich leichtes Restprogramm in den letzten fünf Spielen für Sahin, Barrios, Hummels & Co. bereithält.