Seit 1990 bin ich Fan von Borussia Dortmund. 21 Jahre, also beinahe zwei Drittel meines bisherigen Lebens, spüre ich nun schon die “Echte Liebe” zu meinem Verein.
Es ist viel passiert in dieser Zeit. Es gab in den mehr als zwei Jahrzehnten schöne Zeiten und traurige Zeiten. Spielzeiten der Euphorie und des Jubels wechselten sich ab mit Abstiegskampf und Existenzangst um den eigenen Klub.
Gleich in meiner ersten Saison hatten meine schwarz-gelben Idole mehr mit dem Mittelfeld und dem Abstieg zu tun als mit dem Kampf an der Spitze. Doch dann kam Ottmar Hitzfeld aus der Schweiz ins Revier und schon eine Spielzeit später kämpfte die Borussia gegen Eintracht Frankfurt und den VfB Stuttgart um den Meistertitel. Dass es am 38. Spieltag am 16. Mai 1992 nicht zur Schale gereicht hat, war in negativer Hinsicht Guido Buchwald zu verdanken, der den VfB vier Minuten vor (Saison-) Schluss zum Titel geköpft hat.
Es folgten ab 1995 drei überragende Spielzeiten, die mit zwei Meistertiteln und dem unvergesslichen Triumph in der Champions League (früher: Europapokalmeister der Landesmeister) gekrönt worden sind. Unvergessen ist Lars Rickens Coup im Finale gegen Juventus Turin:
Es dauerte weitere fünf Jahre, ehe der nächste Titel bei Borussia gefeiert werden konnte. Im neuen Jahrtausend gab es 2002 die sechste Meisterschaft der Vereinsgeschichte zu bejubeln – allerdings erkauft mit den Erlösen aus dem Gang an die Börse und später teuer bezahlt mit der Beinahe-Pleite unseres Vereins.
Die schwarz-gelbe Borussia kämpfte ab 2005 um das nackte Überleben und war ganz nah am Abgrund. Diese Zeit wird für immer und ewig mit dem Trainer Thomas Doll und dessen praktizierten Anti-Fußball verbunden bleiben. Doch dann kam im Jahr 2008 Jürgen Klopp an den Borsigplatz und alles wurde anders.
Dank einer umsichtigen und nachhaltigen Nachwuchsarbeit, maßvollen Einkäufen auf dem Transfermarkt und der Entwicklung junger Talente, die teilweise von anderen Vereinen verpflichtet oder aus den eigenen Reihen engagiert worden sind, hat der Ex-Mainzer eine juvenile, hungrige und erfolgreiche Mannschaft geformt, die 2010 wieder den Sprung in den europäischen Wettbewerb geschafft hat. Doch es wurde noch besser.
Die dritte Saison von “Kloppo” wurde anschließend die – bislang – erfolgreichste: am 32. Spieltag feierte der BVB nach dem 2:0-Heimsieg gegen den 1. FC Nürnberg mit der jüngsten Meistermannschaft aller Zeiten in der Bundesliga den siebten Titel. Darüber hinaus ist es Michael Zorc als sportlich verantwortlichem Manager gelungen, die Leistungsträger langfristig an den Verein zu binden und damit das Fundament für einen mittel- und langfristigen fußballerischen Erfolg im Ruhrpott zu legen.
Auch ich realisiere langsam, was seit vergangenem Samstag passiert ist: wir sind Deutscher Meister 2011! Und ich habe mir die Frage gestellt, was diese Meisterschaft 2011 von den anderen drei Meisterschaften 1995, 1996 und 2002 unterscheidet, die ich als schwarz-gelber Anhänger seit 1990 erleben durfte.
Die Meisterschaften 1995, 1996 und 2002
Der Hauptunterschied ist natürlich das Alter 😉 1995 war ich junge 20 Jahre alt und im ersten Lehrjahr meiner Ausbildung, 2002 mit 27 Jahren beruflich und privat gefestigt. Und 2011 fülle ich meine Rolle als Familienvater aus, der mit Freude sieht, dass seine vier und acht Jahre alten Jungs erfolgreich in die schwarz-gelben Fußstapfen ihres Vaters getreten sind.
Doch darum soll es jetzt nicht gehen. Mich fasziniert vielmehr der Aspekt, wie sehr sich die Berichterstattung der Medien in den vergangenen neun Jahren verändert hat: allgemein und für mich persönlich.
2002 wurde der BVB Anfang Mai Deutscher Meister. Während ich meine ersten beiden Dortmunder Meisterschaften 1995 und 1996 dank des Premiere (heute: sky)-Abonnements meiner Eltern live am Fernseher verfolgen konnte, war ich 2002 auf das Radio und die Bundesliga-Konferenz bei WDR2 angewiesen. Die Printmedien hatten ihre Auftritte auch im Internet, doch wurde noch nicht so umfangreich und zahlreich informiert.
Live-Bilder aus dem Stadion konnte ich 2002 erst ab 18 Uhr Samstag Abend in der Sportschau und spätabends im aktuellen sportstudio des ZDF verfolgen. Am darauffolgenden Sonntag war die Bild am Sonntag neben der Welt am Sonntag meine Pflichtlektüre. Der Montag gehörte dem Zeitungsstand im Düsseldorfer Hauptbahnhof: alle regionalen Zeitungen in Dortmund und Umgebung landeten in meinem Einkaufskorb und wurden eilig verschlungen. Die Meisterfeier und der Triumphzug in Dortmund lief im WDR und wurde von mir auf Videokassette (!) aufgezeichnet.
Ich war also einzig und allein auf die Medien und ihre Art der Berichterstattung angewiesen. Ich habe die Berichte in den Zeitungen und den Fußballmagazinen gelesen, in der Sportschau und den aktuellen Sportstudio die Berichterstattung verfolgt und in Sondersendungen Live-Schaltungen aus der Meisterstadt genossen. Die Online-Berichterstattung zu diesem sportlichen Ereignis beschränkte sich zum größten Teil auf das Konvertieren der Print-Berichte aus der Zeitung in HTML.
Die Meisterschaft 2011
Ganz anders ist es anno 2011. Die sozialen Medien haben natürlich auch nicht vor dem BVB halt gemacht und beeinflussen meinen Tagesablauf. Schon Samstag morgens spüre ich das Kribbeln meiner schwarz-gelben Follower in meiner Twitter-Timeline und lese die neuesten Berichte zur Borussia in den Facebook-Updates. Der Google Reader präsentiert mir die neuesten Informationen per RSS-Stream und ich fühle mich ganz nah am Geschehen.
Der 32. Spieltag beginnt mit einer ausführlichen Berichterstattung auf sky und Sport1. Das Fernduell um den Titel zwischen Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen kann ich dank meines sky-Abonnements in der Konferenz oder im Einzelspiel verfolgen und zwischen den Partien hin und her zappen. Wenn ich mag, kann ich das Duell gegen Nürnberg auch im Netradio des BVB als Stream daheim oder auf dem Smartphone verfolgen und erleben, wie Norbert Dickel emotionale Höhepunkte – und leider auch mal Tiefpunkte – verarbeitet.
Und dann ist das Spiel beendet – Borussia Dortmund ist Deutscher Meister 2011. Die Twitter-Timeline brandet über vor Jubel, Facebook-Streams sind schwarz-gelb angehaucht und auch im Fernsehen kann ich den Jubeln im Westfalenstadion dank der Live-Schaltungen von sky genießen (wenn es auch ärgerliche Werbe-Unterbrechungen gegeben hat – und das trotz Pay-TV). Den ganzen Samstag Abend setzt sich die Berichterstattung im Fernsehen fort. In der Sportschau in der ARD wird der neue Meister gefeiert und auch Sky schaltet immer wieder nach Dortmund. Auch im aktuellen sportstudio gibt es eine Schaltung zu Jürgen Klopp und Bilder von der kleinen Feier der Schwarz-Gelben in einem Dortmunder Restaurant.
Borussia Dortmund bei Facebook, Twitter und YouTube
Social Media ist auch verantwortlich, dass der Dortmunder Fan ganz nah am Geschehen in und um die Mannschaft herum teilhaben kann:
Schlussmann Roman Weidenfeller pflegt einen eigenen Account im sozialen Netzwerk Facebook und versorgt seine Freunde und Fans mit Updates aus seinem sportlichen Leben sowie Fotos von den Meisterfeierlichkeiten, der Verein Borussia Dortmund betreibt seit gut zwei Wochen einen von Fritz Lünschermann, Jens Volke und Josef Schneck moderierten Twitter-Account, auf dem regelmäßig getwittert und Fotos von der Mannschaft verteilt werden und Abwehrstratege Neven Subotic liefert mit der NevenCam auf YouTube intime Einblicke in seine ganz persönlichen Meisterfeierlichkeiten.
Somit dominiert zwar auch im Jahr 2011 weiterhin das klassische Print-Medium die Berichterstattung der (Publikum-) Massen, doch wer ohnehin in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, wird sich über den Mehrwert der Informationen auf Facebook, Twitter und YouTube freuen. Der Verein, der mir so sehr am Herzen liegt (“Echte Liebe”) wird damit noch greifbarer, spürbarer und volksnaher. Und trotz des Vorrückens der digitalen Medien lasse ich es mir nicht nehmen, wie im Jahr 2002 am Montag Morgen den Düsseldorfer Bahnhofskiosk leerzukaufen, um Berichte über die Meisterfeier zu erlangen.
Zwei Spieltage liegen jetzt noch vor uns: das Auswärtsspiel in Premiere und die Kür am letzten Spieltag der Saison 2010/2011 gegen Eintracht Frankfurt. Danach heißt es dann: genießen, genießen, genießen.
Danke Jürgen Klopp, danke an die Mannschaft und die Führung des BVB für diese geile Saison mit dem traumhaften Abschluss. Borussia Dortmund. Ewige Liebe.
8. Mai 2011 um 10:32
Diesmal habe ich Gänsehaut bekommen 😉 sehr genial geschrieben!
8. Mai 2011 um 12:59
hallo marc.
sehr schöner text.
was ist anders an der meisterschaft 2011 ?
ich habe mit meinen 31 jahren nun auch schon so einiges feiern können ( was ein schalker in dem alter ja nicht behaupten kan ^^). meister 95,96 und 2002. champions league und weltpokal 97.
aber ganz ehrlich. die meisterschaft 2011 ist für mich bis jetzt der schönste titel.
es ist einfach unglaublich das man mit SO einer jungen elf die bundesliga SO dominieren kann.
95,96,97 und auch 2002 war unser bvb mit teuren stars gepimpt worden und es war quasi pflicht iwas an pokalen an den borsigplatz zu holen.
2011 ist das alles anders. vor der saison hätte ich den 5. platz sofort genommen. vllt habe ich insgeheim vllt auch auf platz 3 geschielt um zumindes 100% in der europa league starten zu können.
nun sind wir meister. mit einem kader der bis auf ganz wenige ausnahmen aus U25 spieler besteht.
DAS ist einfach ein traum. und am liebsten hätte ich es wenn dieser traum nie enden würde.
ich freue mich wie ein kleines kind auf den 15.5 wenn wir auf der B1 meine/unsere schwarz gelben helden abfeiern werden.
schwatzgelbe grüße aus dortmund
Thorsten
8. Mai 2011 um 13:01
Also, wie lange ich bereits Fan der Borussia bin, weiß ich nicht. Ist auf jeden Fall schon sehr, sehr lange.
Ich habe die Meisterschaften 1995, 1996, 2002 und 2011 sowie den Championleague Sieg 1997 und den Weltpokalsieg 1997 miterlebt.
1995 live im Radio auf WDR und 91,2 (damals noch DO 91,2), 1996 auf dem Friedensplatz genauso wie 1997 den Championsleague Erfolg. Den Weltpokal-Sieg hatte ich damals nur im Radio gehört.
Auch bei mir sehe ich den Hauptunterschied in der Berichterstattung. Es läuft heute alles viel schneller ab. Dazu bekommt man viel mehr Eindrücke durch private Videos auf Youtube.com oder MyVideo.de übermittelt. Dazu noch das BVB-Netradio… einfach nur herrlich.
Über die Erfolge ´95, ´96 und ´97 konnte ich mich in Jungen Jahren sehr freuen. Die Meisterschaft 2002 war zwar auch sehr schön aber doch mit einem faden Beigeschmack (Teure Einkäufe die nachher nichts brachten). 2011 ist eine besondere Meisterschaft. Kloppo hat ein richtiges Team aufgebaut. Der Zusammenhalt in der Mannschaft und zwischen Team und Fans ist enorm gewachsen und auf dem Höhepunkt gefestigt.
Diese Meisterschaft ist extrem verdient. So verdient war im deutschen Fußball noch keine Meisterschaft.
Das ist meine Sichtweise.
Pingback: Rekordjagd an der Weser gestoppt: SV Werder Bremen – Borussia Dortmund 2:0 (1:0) > Borussia Dortmund > Auswärtsspiel, Nuri Sahin, Rekord, Roman Weidenfeller
Pingback: Mein Meister-Paket von Borussia Dortmund ist angekommen > Borussia Dortmund > Bestellung, BVB, Deutscher Meister 2011, Dortmund, Fanshop, Meisterschale, Schal, Schale, T-Shirt
Pingback: LonDOn calling – BVB-Blogs im Gespräch, Teil 5: Borussia Dortmund im Champions League Finale in Wembley > Borussia Dortmund > fairytale, Blogs, BVB, Champions League, Redaktionsgespräch, RedaktionsgesprächWembley, Saison 20122013, Wembley