Endlich wieder ein Flutlichtspiel! Nachdem die Borussia primär samstags und sonntags in der Bundesliga am Ball war, stand am Freitag Abend endlich wieder ein Freitagsspiel beim Tabellenzweiten aus Bremen auf dem Spielplan.
Nur drei Punkte trennten die Dortmunder als Tabellensechsten von den Hansestädtern. Jürgen Klopp würfelte die Mannschaft nach der Länderspielpause wieder durch und brachte im Vergleich zum deutlichen Heimsieg gegen Augsburg mit Patrick Owomoyela anstelle von Lukas Pisczek einen neuen Spieler, der bislang noch nicht in dieser Spielzeit vor den Ball getreten ist. Außerdem dürften Kevin Großkreutz und Neven Subotic wieder von Beginn an ran. Goalgetter Lucas Barrios musste vorerst auf der Ersatzbank Platz nehmen.
Beide Mannschaften begannen das Spiel munter und schenkten sich nichts. Die Defensive hatte das Geschehen gut im Griff, die Offensivreihen konnten sich selten in Szene setzen. Sowohl Werder als auch Borussia schenkten sich nichts und kämpften um jeden Quadratzentimeter Rasen.
Die erste Chance, die annährend diese Bezeichnung verdient hat, hatte Claudio Pizzarro nach 17 Minuten, doch Roman Weidenfeller konnte den Schuss leicht parieren. Nach 20 Minuten prüfte Chris Löwe erstmals Bremens Schlussmann, ohne für echte Gefahr zu sorgen. Und vier Minuten später war es Mario Götze, der auf Vorlage von Robert Lewandowski auf das Tor ballerte, aber zu ungenau zielte.
Nach einer halben Stunde war es Mats Hummels zu verdanken, dass ein Angriff über Pizzarro keinen erfolgreichen Abschluss gefunden hat. Das torlose Unentschieden war zu diesem Zeitpunkt eines von den deutlich besseren Unentschieden, die die Bundesliga sonst so sieht. Und es wurde noch besser für den Deutschen Meister.
Nachdem sich Lewandowski gegen zwei Bremer durchsetzen konnte, gelang Ivan Perisic mit einem satten Schuss von der linken Seite der Führungstreffer für Schwarz-Gelb (43.). Ein perfekter Schlusspunkt unter eine unterhaltsame erste Halbzeit, in der sich beide Teams nichts geschenkt haben und feinen Kampffußball geboten haben.
Die zweite Halbzeit begann für Borussia Dortmund mit einem Schock: der Torschütze Perisic musste nach einer rüden Attacke gegen Sokrates vom Feld und Dortmund mehr als 45 Minuten in Unterzahl bestreiten. Der Belgier avancierte damit vom Torschützen-Held zur tragischen Figur – und womöglich zum Loser der Partie. Bitter.
Fortan galt es, zum einen Abwehr-Beton anzurühren und den Verlust von Perisic zu kompensieren, zum anderen aber auch hellwach bei Konterangriffen zu sein, die sich dem BVB gelegentlich geboten haben. Wie beispielsweise Robert Lewandowskis Kopfball nach 55 Minuten. Die Angriffe der Bremer auf das Dortmunder Gehäuse wurden immer wütender und heftiger, der BVB konnte nur selten für Entlastungsangriffe sorgen.
Nach einer Stunde Spielzeit war ich mit meinen Nerven schon fast am Ende. Der Ausgleich der Bremer schien nur eine Frage der Zeit zu sein und ich fühlte mich unweigerlich an das letzte Bremer Heimspiel erinnert, das der SVW erst in der Nachspielzeit denkbar knapp gegen doppelt (!) dezimierte Herthaner gewinnen konnte. Drohte der Borussia heute das gleiche Schicksal? Auch nach 65 Minuten schwappte Angriffswelle um Angriffswelle auf das BVB-Tor.
Glück nach 66 Minuten für die Gäste, als Patrick Owomoyela einen Bremer Schuss so abfälschte, dass das Leder nur an die Latte knallte. Puh! Mein Puls raste. Wie sollte ich es bis zum Spielende aushalten? Das war ja nicht auszuhalten. Aber entweder lag es an Weidenfellers Paraden oder an Werders Unvermögen – der Ausgleich für die Grün-Weißen wollte nicht fallen. Noch zwanzig Minuten.
Zwischendurch kam Dortmund gelegentlich zu Entlastungsangriffen, die meine Nerven ein wenig beruhigten, aber ansonsten keinen zählbaren Erfolg bringen sollten. Bis zur 72. Minute. Nach einer Ecke von Chris Löwe und einer artistischen Fallrückzieher-Vorlage von Mats Hummels gelang ausgerechnet Owomoyela an seiner alten Wirkungsstätte das nicht für möglich gehaltene 2:0 für die dezimierten Dortmunder. Hammer!
Der in vielen Situationen heute enttäuschende Ilkay Gündogan wurde in der 73. Minute gegen den Routinier Sebastian Kehl ausgewechselt. Und Werder gab weiter Gas und ließ sich auch von einem Zwei-Tore-Rückstand nicht entmutigen. Noch waren mehr als zehn Minuten Zeit, aus dem 0:2 ein 2:2 oder vielleicht sogar noch mehr herauszuholen. Doch BVB-Konter waren auch jetzt noch brandgefährlich.
Kevin Großkreutz hatte in der 85. Minute sogar das 3:0 auf dem Fuß, vergab jedoch leichtfertig. Noch fünf Minuten banges Warten bis zum Auswärtssieg. Der fleißige Lewandowski machte in der 87. Minute für Lucas Barrios Platz. Und auch Mario Götze durfte in der 89. Minute vom Feld, für ihn kam Moritz Leitner ins Spiel. Mit Glück und Geschick brachte Borussia Dortmund das Ergebnis über die Zeit und überzeugte trotz Unterzahlspiel über 45 Minuten mit einem imponierenden 2:0-Auswärtssieg.
Das war heute die bisher aufregendste, begeisterndste, nervenaufreibendste, spannendste und belastende Begegnung der Dortmunder in dieser Saison, die einfach nur Spaß gemacht hat. Ich bin zwar etliche Tode gestorben und hatte echt Herzkasper, aber das Spiel der Bremer und Dortmunder hat dafür mehr als entschädigt. Und ausgerechnet Patrick Owomoyela, der für nicht wenige überraschend aufgestellt wurde, konnte mit einem Tor glänzen. Solche Geschichten schreibt nur der Fußball.
Nach diesem Sieg ist Borussia Dortmund zumindest über Nacht Tabellenzweiter, oder auch “Spitzenzweiter”, wie es bei Twitter von @der_Torti hieß. Als es am fünften Spieltag noch böse Kritik aus den eigenen Fan-Reihen hagelte, war ein Platz zwei nach neun Runden noch in das Reich der Utopie verjagt worden. So schnell dreht sich das Blatt.
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