Rudolf Assauer, besser bekannt als Rudi Assauer oder auch kurz Assi (was keineswegs despektierlich gemeint ist!), ist demenzkrank. Genauer gesagt leidet der 67-jährige an Alzheimer. Und anstatt leise Abschied von der großen Prominenz-Bühne zu nehmen, hat sich das Kind des Ruhrgebiets für den öffentlichen Auftritt entschieden.
Vor wenigen Wochen schockierte überraschte Assauer die Öffentlichkeit mit der Bekanntgabe seiner Alzheimer-Erkrankung. Darüber hinaus wurde die Biografie Wie ausgewechselt: Verblassende Erinnerungen an mein Leben auf den Markt gebracht.
Es folgten Veröffentlichungen von Auszügen aus dem Buch in allen großen Print-Medien und diese gingen einher mit Talkshow-Auftritten seiner langjährigen Weggefährten Werner Hansch, Jens Lehmann und einigen Angehörigen.
Verblassende Erinnerungen
Das Buch beginnt mit dem Ende. In zweierlei Hinsicht: in beruflicher Hinsicht und dem Ende der Normalität. Das erste Kapitel widmet sich der Gegenwart und erläutert den aktuellen Gesundheitszustand Rudi Assauers. Der Leser lernt viel über Demenz, Alzheimer (die häufigste Ausprägung von Demenz) und die Folgen für den Erkrankten. Anschließend wird im zweiten Kapitel der folgenschwere 17. Mai 2006 beschrieben, der das Ende von Assauer als Manager des FC Schalke 04 markiert hat.
Anschließend arbeiten die beiden Autoren Assauer und Strasser das Leben des Fußballers und Managers chronologisch ab. Von der Kindheit und Jugend in Herten über seine erste Profistation bei Borussia Dortmund bis zum Wechsel zu Werder Bremen. Bremen ist gleichzeitig die erste Station nach dem Wechsel von der aktiven Fußball-Laufbahn in das Management bei den Grün-Weißen. Das erste Stelldichein beim FC Schalke 04 wird von einem Engagement beim VfB Oldenburg unterbrochen, ehe wieder die Blau-Weißen rufen.
Die zweite Amtszeit in Gelsenkirchen sollte zugleich seine erfolgreichste sein. Neben der “Meisterschaft der Herzen” werden zwei Pokalsiege auf nationaler Ebene und der Gewinn des UEFA-Cups 1997 eingefahren. Doch all diese sportlichen Erfolge verblassen neben dem Meilenstein der Arena AufSchalke. Assauer war es, der das Mega-Projekt initiiert und vollendet und sich damit zu Lebzeiten ein Denkmal im Gelsenkirchener Vorort geschaffen hat.
Nach knapp zweihundert Seiten ist der biografische Teil des Werkes beendet. In weiteren Kapiteln werden anschließend die Highlights aus seinem Manager-Leben (“Meine Transfergeschichten”) und aus seinem Privatleben (“Meine Frauen”) erörtert.
Mein Fazit
Das Buch Wie ausgewechselt: Verblassende Erinnerungen an mein Leben von Rudi Assauer ist eindringlich und beeindruckend. Ich musste an einigen Stellen innehalten und den Text auf mich wirken lassen. Ganz bewusst habe ich mich dabei auch mit der Krankheit Demenz beschäftigt, an der in Deutschland aktuell 1,2 Millionen Menschen erkrankt sind – Tendenz steigend.
Der Erzählstil von Patrick Strasser ist wohltuend. Der Autor hat sich gegen eine durchgängige Erzählform in der Ich-Form entschieden und seinen Text stattdessen mit Zitaten und Erzählungen Rudi Assauers angereichert. Diese Art des Schreibens unterstreicht die Glaubwürdigkeit des Buches.
Rudi Assauers Gang an die Öffentlichkeit mit seiner Biografie war mutig. Und die Talkshow-Auftritte seiner Wegbegleiter, seiner Familie und seinen Freunden in diesem Zusammenhang im Februar 2012 sind nicht unumstritten. Doch sie waren richtig und wichtig und sind in meinen Augen ein Meilenstein in der Außenwahrnehmung dieser unheilbaren Krankheit. Die Öffentlichkeit bekommt ein differenziertes Bild des ehemaligen Spielers und Managers und hat sich intensiv mit den Auswirkungen und Folgen der Krankheit beschäftigt. Damit hat Assauer mehr für die Betroffenen und Angehörigen dementer Menschen getan, als medizinische Aufklärungskampagnen jemals erreichen können.
Die Folgen der unheilbaren Krankheit Demenz werden in einigen Passagen besonders deutlich. Und zwar dann, wenn Strasser Rudi Assauer mit Ereignissen der Vergangenheit (z.B. Konflikte mit Rolf Schafstall und Ziehsohn Olaf Thon) konfrontiert, bei denen er damals regelrecht an die Decke gegangen ist, auf die er aber heute – gezeichnet von der Demenz – ganz gütlich reagiert. Der Leser erlebt dann intensiv, wie brutal und zerstörerisch die Demenz auf den Erkrankten wirkt und wie gnadenlos ausgeliefert der Patient ist.
4. März 2012 um 20:40
Ich glaube ich werde mir das Buch ebenfalls zulegen.
5. März 2012 um 11:12
Hallo Ostwestfale,
erstens, vielen Dank für deinen Artikel über das Buch von Rudi Assauer.
Ja, es war eine sehr schockierende Nachricht, als er damit an die Öffentlichkeit ging.
Wer ihn aus dem Fussball Leben kennt, Zigarre und immer etwas ruppig, mal lustig als Bierwerbegesicht, der konnte es kaum glauben.
Ich danke dir, für die ausführlichen Erläuterungen und das du deine Gedanken, die dich beim Lesen des Buches beschäftigt haben, hier teilst.
Es gibt Biografien, die der Mensch nicht braucht, siehe die “Katze”.
Jedoch glaube ich, dieses Buch ist es wert gelesen zu werden und kommt mit auf meine Liste.