Die Zahlen sind alarmierend: unsere Kinder werden immer dicker und bewegen sich immer weniger. Die Fettleibigkeit aber der Grundschule ist besorgniserregend und die Mediennutzung der Kinder im Schulalter wächst beständig. Fast Food ist “in” und das gemeinsame Mittag- und Abendessen wird immer seltener zelebriert.
Im Juni 2012 habe ich im Südwestfunk am Samstag Abend die Talkshow “Menschen der Woche” von und mit Frank Elstner gesehen. Einer seiner Gäste war damals Prof. Dr. Dietrich Gröneymer, der sein neues Buch Wir Besser-Esser: Gesunde Ernährung macht Spaß vorgestellt hat.
Die Protagonisten in dem mehr als 270 Seiten starken Buch sind der Kleine Medicus und Spekki Bulletti. Der kleine Medicus ist schon aus anderen Büchern von Dietrich Grönemeyer bekannt und beliebt, während Specki-Buletti, ein adipöser Dachs, der unaufhörlich dicker und dicker wird, erstmals in Erscheinung tritt. Während der kleine Medicus das Buch hindurch die rationale und medizinische Seite verkörpert, ist Specki-Buletti der maßlose Fresssack, der sich am liebsten von fettigen Fritten mit Mayo, vor fett triefenden Schnitzeln und anderen Kalorienbomben ernährt.
Ein Schultag mit dem Kleinen Medicus, Spekki Bulletti und den Minireportern
Mindestens genauso wichtig – wenn nicht sogar noch bedeutender – sind allerdings die sechs Minireporter, die den Leser in der ersten Schulstunde, gleichbedeutend mit dem ersten Kapitel, auf der Reise der Speise begleiten. Von der Mundhöhle über die Speiseröhre zum Magen und bis in den Darm und die Leber und die Niere führen uns die kleinen Forscher durch unseren Körper und erklären neben den Körperfunktionen auch Krankheiten und Besonderheiten der Organe. Wenn die Minireporter am Ende ihrer Vorträge angekommen sind, ergänzt der Kleine Medicus gelegentlich und auch Doc Grönemeyer meldet sich zu Wort.
In der ersten gemeinsamen Frühstückspause lernen die Kinder und die wissbegierigen Leser allerlei über das gesunde Frühstück, bevor das menschliche Gehirn vorgestellt und erläutert wird, wie wichtig Pausen und Ruhephasen sind. Die dritte Schulstunde steht ganz im Zeichen des gemeinsamen Kochens. Nach Erklärungen über gemeinsame Mahlzeiten wird gemeinsam gekocht und beschrieben, wie auch Kinder mit einfachen Rezepten schmackhafte Mahlzeiten zubereiten können.
Die vierte Lerneinheit führt die Minireporter, den Kleinen Medicus und Spekki Buletti auf den Bauernhof. In diesem Abschnitt geht es neben Bio-Produkte auch um Vegetarier, Veganer und Gentechnik. Die Schulkinder erfahren, wie einfach Gemüse angebaut werden kann und auf was beim Einkauf von frischem Obst und Gemüse geachtet werden muss. In der nächsten Pause steht die Bewegung im Vordergrund. Gemäß dem Motto “Turne bis zur Urne!” gilt das Augenmerk den sportlichen Aktivitäten in der Schule und der Freizeit.
Die letzte Doppelstunde setzt sich dann mit guten und schlechtem Essen, Kalorien, den schlimmsten Dickmachern und Krankheiten wie Adipositas (Fettleibigkeit) und Bulimie (Magersucht) sowie Diabetes mellitus auseinander. Im Anhang finden sich zahlreiche ergänzende Materialien sowie weiterführende Webseiten und Literatur.
Mein Fazit
Nicht nur gesunde Ernährung macht Spaß, sondern auch “Wir Besser-Esser” macht Spaß. Das “All Age-Buch” ist von der ersten bis zur letzten Seite lesenswert. Selten habe ich ein Buch regelrecht verschlungen (!) wie dieses Werk.
Grönemeyers Schreibstil ist nie belehrend oder anklagend; er kritisiert nicht die schlechten Ess-Gewohnheiten im Land, sondern zeigt, wie es besser laufen kann. Denn gesunde Ernährung ist ganz einfach: frisches Obst und Gemüse bereichern jede Mahlzeit und sind schnell zubereitet. Auch ich hatte mein ganz persönliches Aha-Erlebnis, als ich von dem Haferbrei zum Frühstück gelesen habe. Angereichert mit frischem Obst gibt es keinen besseren Kraftmacher als die als Porridge in Großbritannien bekannte Hafermahlzeit.
Der Mediziner ist auch kein Arzt aus der Hardcore-Ecke. Süßigkeiten und andere ungesunde Lebensmittel werden nicht per se verteufelt, sondern die Verhältnismäßigkeit und das maßvolle Essen und Genießen steht im Vordergrund. Niemand muss auf einen Riegel Schokolade oder eine Handvoll Chips verzichten, wenn ausgewogen gegessen wird und – ganz wichtig – die tägliche Bewegung (“Turne bis zur Urne!”) gewährleistet ist.
Die Illustrationen und Fotos lockern das Wissensbuch angenehm auf und machen es insbesondere für Schulkinder interessant. Ich plädiere dafür, dass das Werk von Dr. Grönemeyer zur Pflichtlektüre an allen Schulen wird.