Es ist Donnerstag Morgen, kurz vor halb sieben.
Ich sitze in der S-Bahn und bin auf dem Weg nach Düsseldorf, um von dort mit dem ICE zu einem beruflichen Termin nach Frankfurt zu reisen.
Ich trage einen anthrazitfarbenen einreihigen Anzug mit einem weißen Hemd und einer blauen Krawatte, sozusagen “das große Schwarze”.
In der Bahn sitzt mir eine junge Frau gegenüber, ebenfalls schwarz gekleidet. Allerdings nicht im feinen Zwirn, sondern mit einer pechschwarzen Jeans, hohen, schwarzen Stiefeln und einem Strick-Pullover in anthrazit und mit einem lila-farbenen Schaltuch.
Sie hat mich schon beim Einsteigen und Platz nehmen ihr gegenüber gemustert. Ich frage mich, was in ihr vorgeht.
Denkt sie, dass ich ein typischer Anzugträger bin, einer von diesen Business-Typen, die, sobald sie Platz genommen haben, den BlackBerry herauskramen und E-Mails lesen und beantworten? Keine Ahnung.
Mir ist in diesem Augenblick zweierlei in den Sinn gekommen. Zum einen der Spruch ‘Kleider machen Leute’. Selbst das hässlichste Entlein kann mit den richtigen Klamotten ordentlich aufgewertet werden.
Jeder kennt die Experimente, in denen unscheinbare Menschen nach einem Styling- und Shopping-Exkurs wie andere Menschen wirken. Und damit kommen wir zum zweiten Punkt.
Zum anderen wurde mir wieder deutlich, dass Kleidung Menschen verwandeln kann. Denn jede Form von Kleidung ist automatisch eine Visitenkarte desjenigen, der sie trägt. Das bedingt, dass Menschen unbewusst in Schubladen einsortiert werden: Banker, Hipster, Punk, Emo, Grüner, Alternativer, Normalo und und und…
Hinter die Kleidung des Menschen schauen die wenigsten. Ob hinter dem ernst schauende Banker, der den Anzug als Dienstbekleidung trägt, der verantwortungsvolle Vater und humorige Typ steckt, erfahren nur die wenigsten.
Denn Kleidung ist oft auch ein Stück Verwandlungskunst. Ein Stück Stoff hilft uns, bestimmte Rollen einzunehmen und auszufüllen. Der Stoff hilft uns auch, uns zu verstecken und Seiten zu verhüllen, die wir nur ungern preisgeben wollen oder können.
9. Dezember 2013 um 10:07
Das erinnert mich an eine Szene vor ein paar Wochen, als ich einkaufen war.
Da geht ein Mann vor mir, Jeans, grau-verwaschener Puli, 3-Tage-Bart und auf’m Parkplatz steigt er in seinen… 120.000Euro-Wagen! 😀
Auch hier hat die Kleidung getäuscht! 😉