Gestern bin ich offline gewesen. Den gesamten Tag. Und zwar gewollt.
Das Smartphone lag unbenutzt auf dem Schrank, das iPad wurde nicht angerührt und auch das Notebook wurde nicht eines Blickes gewürdigt.
Der Grund für diese temporäre Anti-Online-Einstellung war der #offlineDay, der am 15. Dezember 2013 von einigen Usern gelebt worden ist. Diese wackeren Schergen – einige Menschen haben sie als verrückt bezeichnet – wollten einen Tag lang ohne Online-Aktivitäten verbringen.
Ein ganzer Tag ohne Internet
Das bedeutete für meine Familie und mich (alle vier haben sich übrigens dem offline sein am dritten Advent verpflichtet) keine E-Mails, kein Twitter, kein Facebook, kein Google+, kein Feedreader lesen, kein Online-Shopping bei Amazon mit den Winter-Deals und und und.
Auf der Fahrt morgens um 8 Uhr zum Handballspiel des ältesten Sohnes musste ich tanken. Sonst habe ich immer mit der Tank-App die günstigste Zapfsäule ausfindig machen können – nun musste ich mich auf die Tankstellen verlassen, die ich auf dem Weg zur Sporthalle passiert habe.
Das Ligaspiel musste dieses Mal auch ohne Live-Berichterstattung an Anne und die Großeltern auskommen. Denn sonst habe ich immer per WhatsApp den Halbzeit- und Endstand mitgeteilt. Anstelle der Updates konnte Liam dann per Telefon vom Spiel berichten 🙂
Auch der Fotobeweis vom Besuch auf dem Weihnachtsmarkt in Büttgen inklusive Einchecken via Foursquare ist ebenfalls entfallen, gleiches gilt für Fotos vom Handball und vom Adventskranz am Morgen, als wir die dritte Kerze entzündet haben. Auch mein Blog durfte an diesem Tag ruhen. Ich habe keine Kommentare freigeschaltet, keine Texte geschrieben und nur der bereits vorab geschriebene und erst gestern veröffentlichte Text zum Stromberg Kalender ging am Sonntag Morgen automatisiert online.
Das Netz ist selbstverständlich geworden
Auch vermeintliche Selbstverständlichkeiten sind offline eine Herausforderung. Wie beispielsweise das Überprüfen der Spielstände in der Fußball-Bundesliga am Sonntag Nachmittag.
Wo ich sonst die kicker-App mit einem Fingertipp öffne und das Resultat sehe, muss ich jetzt umständlich im Videotext nachschauen oder auf die Nachrichten im Radio warten – oder auf Sky Sport News HD vertrauen.
Doch eins ist mir auch bewusst geworden: offline ist oftmals auch entspannter. Der Zwang, ständig die neusten Social Media Updates zu prüfen oder den E-Mail-Eingang zu durchforsten, ist schon recht bestimmend bei mir geworden. Es war ein beruhigendes Gefühl, dies nicht zu tun. Und ja, auch wenn ich online bin, kann ich das tun – es ist nur eine Frage des Wollens 🙂
Keine Entzugserscheinungen
Einen “cold turkey” habe ich übrigens während des gesamten Tages nicht erlebt. Auch Phantom-Vibrationen in der Hosentasche gab es nicht zu verzeichnen. Das online sein hat mir gelegentlich gefehlt, aber es war erträglich. Doch komplett verzichten kann ich dauerhaft nicht auf Smartphone, Internet und Tablet.
Muss ich das denn? Natürlich nicht. Es geht vielmehr um das bewusste Nutzen und Konsumieren von Online-Inhalten. Und es geht darum, sich ständig zu fragen: muss ich jetzt die E-Mails checken? Muss ich dieses Foto posten? Ist dieses Status-Update nötig? Es geht darum, eine Grenze zu ziehen zwischen notwendig und überflüssig.
Darüber hinaus das Internet für mich ein unverzichtbares Medium geworden, das sich gleichberechtigt in die Medien Print, Radio und Fernsehen einreiht. Insofern gilt es zu differenzieren, wo ein Übermaß an Online-Aktivitäten vorschnell kritisiert wird.
Beispielsweise sitzt der Durchschnittsbürger täglich unzählige Stunden vor dem Fernseher und setzt sich – je nach Programm – einer mehr oder weniger sinnfreien Dauerberieselung aus. Was daran besser sein soll, als online zu spielen oder online Videos zu konsumieren, habe ich noch nie verstanden.
#offlineDay als sinnvolle Erfahrung
Mein Fazit: komplett offline leben geht, aber es fällt mir schwer. Viele Tätigkeiten mit Online-Bezug sind zu einer Selbstverständlichkeit geworden, viele Bequemlichkeiten sind dem online sein können geschuldet
Das Experiment #offlineDay war für mich genauso lehrreich wie auch eine unentbehrliche Erfahrung. Erst wenn man etwas nicht hat, weiß man es zu schätzen – das gilt nicht nur für die Online-Aktivitäten.
16. Dezember 2013 um 16:35
Hallo Marc,
ein richtig netter Eintrag. Auch ich wollte gestern teilnehmen, allerdings war dies aufgrund von universitären Verpflichtungen überhaupt nicht möglich.
Mich würde interessieren, ob es bei dir beim einmaligen OfflineDay (einmal pro Jahr) bleibt oder ob du schon einen regelmäßigen OfflineDay in Planung hast?
Ich stimme dir voll und ganz zu: es kommt auf das bewusste Nutzen drauf an. Aber selbst wenn man sich vornimmt – “ab jetzt nutze ich die Onlinemedien bewusster” dauert dies ja meist nur die ersten drei Tage an (wenn überhaupt 😉 )
Es wäre doch vielleicht ein regelmäßiger, persönlicher OfflineDay sinnvoll, um bewusster mit den Onlinemedien umzugehen, oder?
16. Dezember 2013 um 17:17
Das ist eine gute Frage. Ernsthaft habe ich mich mit einem generellen Offline-Tag noch nicht befasst.
16. Dezember 2013 um 23:00
Du hast meinen ehrlichen Respekt, dass Du das durchgezogen hast. Ich gebe zu, ich bin mittlerweile soweit, dass es mir schwer fällt, mal ein / zwei Stunden nicht aufs Handy zu schauen, ob eine Nachricht eingegangen ist geschweige denn, dass ich mittlerweile “alles” online mache.
Allerdings habe ich mir vorgenommen, im nächsten Urlaub mal ein paar Tage auf das Smartphone zu verzichten. Der Wille ist auf jeden Fall da 😀
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