Niko, gespielt von Tom Schilling, ist Ende zwanzig und hat im Leben noch nicht viel erreicht. Zumindest wenn es nach den klassischen Maßstäben geht.
Sein Studium hat er abgebrochen und lebt einfach so vor sich hin. Ziellos. Als weder seine Freundin noch sein Vater weiter Bock auf ihn haben, ändert sich sein Leben. Ohne Geld – der Vater hatte ihn bisher alimentiert – und Frau an seiner Seite driftet er weiter ab, ehe er Julika, eine blonde Schönheit trifft.
Julika war zu Schulzeiten alles andere als schön und damals Zielscheibe fieser Hänseleien von Niko und seinen Kumpels. Aus dem hässlichen Entlein wurde ein schöner Schwan, der den Dunkelhaarigen nicht nur in optischer Hinsicht betört. Soweit der Plot zu Oh Boy.
In der Videothek (heißt der Laden, in dem Blu-rays ausgeliehen werden, eigentlich noch so?) oder beim Stöbern durch die Amazon-Bestseller-Listen hätte ich wahrscheinlich nicht bei dem Werk vonJan Ole Gerster zugegriffen.
Weil der Film allerdings derzeit auf Sky Cinema HD läuft, ließ ich mich auf das schwarz-weiße Abenteuer ein. Zu Beginn wollte ich den Film schon direkt wieder wegzappen, weil mich die düstere und melancholische Stimmung, die den Streifen ohnehin trägt, durch die fehlende Farbe noch weiter verstärkt wird.
Bekanntlich gilt schwarz-weiß im Film als Stilmittel und je länger ich mich auf den Film eingelassen habe, desto mehr Spaß hatte ich und desto mehr Tiefgang gab es zu entdecken. Und spätestens als die von mir verehrte vergötterte Friederike Kempter ihren Auftritt hatte, war es um mich geschehen: ich musste der Handlung bis zum Ende folgen.
Der Humor der Protagonisten kommt nicht mit dem Holzhammer daher, sondern ist eher feinsinniger Art. Die Dialoge sind teilweise lang, gelegentlich zu lang, aber durchweg durchdacht und gut gespielt.
Wenn ich den Vortrag von Julia Engelmann schon gekannt hätte, als ich Oh Boy geschaut habe, wäre Niko genau die Person gewesen, die vor meinem geistigen Auge aufgetaucht wäre, von der die Poetry-Slammerin erzählt hat.
Ich habe es nicht bereut, Oh Boy vom Anfang bis zum Ende anzuschauen – im Gegenteil. Auch wenn das Ende offen gestaltet ist – was meine Liebste doof fand -, war das für mich die einzige logische Konsequenz nach knapp eineinhalb Stunden vor dem Fernseher.
Trailer zu Oh Boy
Der folgende Trailer vermittelt einen ersten Eindruck zum Film: