Meine Wurzeln liegen im Ruhrgebiet. Der Vater meiner Mutter stammt aus Dortmund und mein Vater ist in Recklinghausen geboren und auf der Dortmunder Straße groß geworden.
Mit dem Bildband Tief im Westen: Das Ruhrgebiet 1950 bis 1969 im Bild von Hans Rudolf Uthoff kann ich fotografisch in die Zeit der Kindheit meines Vater reisen und mir ein Bild vom Leben anno dazumal machen.
Auf knapp 130 Seiten hat der Bildjournalist Uthoff die Aufbaujahre nach dem Zweiten Weltkrieg auf zahlreichen Fotografien gesammelt. Das Wirtschaftswunder und seine positiven folgen für die Bevölkerung der Ruhrmetropole kommt auf vielen Bildern zum Ausdruck: das erste Auto, die erste Urlaubsreise und die erste eigene Wohnung.
Natürlich fehlt auch die Arbeit, auch als Maloche bekannt, nicht: die von dem Kohlestaub schwarzen Gesichter auf der Zeche nach dem Ende der Schicht, die schwitzenden Körper im bei brütender Hitze im Stahlwerk und die beschwerlichen Tätigkeiten auf dem Feld sind vom Bildjournalisten festgehalten worden.
Und das große Feld der Freizeit kommt ebenfalls nicht zu kurz: sei es das beliebte Seifenkisten-Rennen, die geliebten Brieftauben-Wettbewerbe und unzählige Feiern im Sommer im Freien. Außerdem darf natürlich der hochgeschätzte Schrebergarten genauso wenig fehlen wie das Bad in der Ruhr und der Spaß im Freibad.
Tief im Westen ist ein wunderschöner Bildband, der an eine Zeit erinnert, die schon weit, weit entfernt ist. Der Strukturwandel in den achtziger und neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat die klassische Maloche verdrängt und der sekundäre Sektor wurde vom tertiären abgelöst.
Die schwarz-weißen Aufnahmen von Hans Rudolf Uthoff vermitteln gekonnt das Lebensgefühl einer Epoche, in der vieles fehlte, was es heute gibt, in der die Menschen aber zufrieden und – vermeintlich – glücklich gewesen sind.