Jungen sind anders als Mädchen. Diese alles andere als bahnbrechende Erkenntnis setzt sich auch immer mehr in der Eltern-Pädagogik durch.
Insofern ist es ein guter Schachzug, dass Reinhard Winter der Erziehung von männlichen Kindern und Teenagern ein ganzes Buch gewidmet hat.
In Jungen brauchen klare Ansagen: Ein Ratgeber für Kindheit, Schule und die wilden Jahre geht der Leiter des Sozialwissenschaftlichen Institut Tübingens auf die speziellen Anforderungen der Jungs-Erziehung ein und begleitet Eltern durch die Jahre der Kindheit und der Jugend ihrer Sprösslinge.
Schon im Vorwort macht Winter deutlich, dass die Eltern als Führungskräfte der Jungen vielfältige Herausforderungen meistern müssen. Die Eltern als und mit Führungskraft – eine vieldeutige Beschreibung, die mir außerordentlich gut gefällt.
Denn wie im Beruf müssen auch der Vater und die Mutter als Führungskraft den Jungen leiten und loben, fordern und fördern, trainieren und motivieren – und dabei das ganzheitliche Ziel im Auge behalten. Und die Führungskraft, also die Kraft zur Führung, ist dabei ein Schlüsselelement.
Bei der Erziehung des Nachwuchses ist das Ziel genauso leicht beschrieben, wie es schwierig und arbeitsreich zu erledigen ist: den Sohn auf das Leben vorzubereiten, zu einem Menschen – im positiven Sinn – zu formen, der in der Erwachsenenwelt bestehen kann und ein zufriedenes Leben führen kann.
Dabei grenzt sich der Experte klar von allen Extremen der Erziehungspädagogik ab: weder ist er ein Anhänger der Kuschel-Erziehung noch ein Freund der Drill- und Disziplin-Lehre, bei der Kinder nur mit Druck bearbeitet werden, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.
Er setzt vielmehr auf klare Worte und Regeln, auf Zusammenarbeit und Gespräche, auf Empathie und lösungsorientierte Ansätze, die den jungen Menschen Halt und Orientierung im groß werden geben können. Den Schwerpunkt bildet dabei die gute Beziehung zwischen Eltern und Sohn. Sie ist genauso wichtig wie eine entspannte Einstellung der Eltern. Nicht erst mein Sohn richtet gelegentlich die Aufforderung “Chill mal, Alter” an seine Mutter und mich 🙂
Die Verantwortung, dass es Jungen oftmals schwer haben, liegt klar bei den Eltern. Diesen Standpunkt macht Reinhard Winter mehrmals in dem Buch klar. Und er hat recht: Schwächen und Defizite bei Jungs entstehen oftmals durch die hohen Leistungserwartungen, an das Funktionieren müssen und andere Herausforderungen, die an die jungen Erwachsenen gestellt werden. Viele Aspekte demotivieren und frustrieren die Kinder an den Punkten, an denen sie eigentlich Zuspruch, Wärme und Zuneigung benötigen.
Das Buch bietet viel Raum zur eigenen Reflexion des Verhaltens. Als Führungskraft im Beruf bringe ich prinzipiell viele Eigenschaften mit, die ich in der Erziehung meiner beiden Söhne einbringen kann. Warum mache ich das bislang nicht konsequent?
Jungen brauchen klare Ansagen aus dem Beltz Verlag hat mir nicht nur in dieser Hinsicht viele hilfreiche Anhaltspunkte geliefert, wie ich die kritischen Situationen und die Herausforderungen mit Pubertierenden noch besser meistern kann.