In diesem Jahr steht der 25. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin auf dem geschichtlichen Kalender.
Anlässlich des historischen Ereignisses sind viele Neuerscheinungen auf den Büchermarkt gekommen, die die Ereignisse vor einem Vierteljahrhundert würdigen.
Mit Herbst der Entscheidung: Eine Geschichte aus der Friedlichen Revolution 1989 ist meines Wissens die bisher erste Graphic Novel, auch bekannt als Comic, im Christoph Links Verlag veröffentlicht worden.
Das Geschehen in dem Comic spielt in Leipzig im Herbst 1989. Daniel ist 17 Jahre alt und steht kurz vor dem Abitur. Während seine Eltern staatstreue Diener sind, zweifelt der junge Mann am politischen System und schließt sich der Bürgerbewegungsszene an.
Nach und nach taucht der Schüler immer tiefer in das Geschehen rund um die brodelnde, friedliche Revolution ein und wird hautnah Augenzeuge, wie der Grundstein für die politische Umwälzung in der DDR gelegt wird.
Bernd Linder zeichnet sich als Autor und für die Aufbereitung des geschichtlichen Hintergrunds der fiktiven Erzählung verantwortlich. Der Comiczeichner und Illustrator PM Hoffmann hat die Handlung und die Geschehnisse rund um die Montags-Demonstrationen eindringlich in schwarz-weiß in Szene gesetzt.
Es ist ein gewagtes Experiment, die Ereignisse in der DDR im Herbst 1989 als Graphic Novel zu inszenieren. Zu komplex und vielschichtig erscheint der Stoff rund um die SED, den drohenden Staatsbankrott und die friedlichen Demonstranten, die damals so viel Mut bewiesen haben, um ihr Recht auf Freiheit energisch und ohne Gewalt einzufordern.
Doch das Experiment ist gelungen. Herbst der Entscheidung liest sich spannend und ist sowohl für junge Menschen als auch politisch kundige Leser geeignet. Die Geschichte um Daniel und sein Erwachsenwerden und das Erwachen politischen Bewusstseins in stürmischen Zeiten ist gleichermaßen lehrreich als auch packend.
Auch wenn die Ereignisse in der Graphic Novel ausgedacht sind, lehnen sich die Protagonisten aus dem Buch doch an maßgeblich handelnde Personen der Bürgerbewegung in der damaligen Zeit an und geben ein realistisches Bild des Leipziger Herbstes 1989 ab.
In einem Glossar werden am Ende des Buches erläuternde Hinweise zum politischen Geschehen 1989 gegeben, um die Handlungen im großen politischen Rahmen zu erkennen.
Insbesondere jüngere Leser, die sich noch nicht tiefergehend mit dem Fall der Mauer und der politischen Lage beschäftigt haben, werden diesen Mehrwert zu schätzen wissen.