Luis ist sechzehn Jahre alt und alles andere als ein normaler Teenager.
Gemeinsam mit Milan, dem Ältesten und dem Anführer der Clique, und ein paar anderen Jungs leben die Kids in den Tag hinein.
Die Lebensumstände des Protagonisten sind genauso klischeehaft wie authentisch. Mit seiner alleinerziehenden Mutter lebt Luis in einem Wohnblock einer Großstadt im Süden Deutschlands. Seinen Vater hat er nie kennengelernt und stattdessen mehrere wechselnde Partner der Mutter erlebt.
Poppen und Alkohol – so lassen sich die Lebensinhalte des Heranwachsenden auf einen primitiven, aber durchaus treffenden Nenner bringen. Häufig wechselnde Geschlechtspartnerinnen und sogenannte Fickwetten (Motto: Schaffe ich es, Mädchen X oder Frau Y zum Geschlechtsverkehr mit mir zu bringen?) bestimmen das sogenannte Liebesleben – sofern dieser Begriff in diesem Kontext überhaupt gegeben sein kann.
Doch es geht bei Es bringen von Verena Güntner um viel mehr als Oberflächlichkeiten wie Sex ohne Liebe und Alkoholkonsum bis zum Umfallen. Es ist vielmehr des Porträt eines Jungen der schon oft zitierten Generation Porno, der neben Sex, Sex und Sex vielmehr auf der Suche nach sich selbst ist.
Hinter dem rauen Kern und dem Macho-Gehabe steckt ein sensibler, nach echter Liebe dürstender junger Mann, der seine Bestimmung im Leben noch nicht gefunden hat und auf der Suche nach dem wahren Ich von einer Verlegenheit in die andere rutscht.
Je weiter die Handlung in der Erzählung fortschreitet, je mehr Einblicke gibt Luis von seinem Leben und seiner Vergangenheit preis. Wie eine Zwiebel entblättert sich die Schale nach und nach und gibt den Blick auf ein Herz und eine Seele frei, die nach Zufriedenheit, Glück und Zuverlässigkeit sucht.
Der Roman aus dem Verlag Kiepenheuer & Witsch schafft es, trotz einer Distanz zur Hauptperson eine bestimmte Art von Intimität zu verleihen, die nachhaltig wirkt. Die Beschreibung der nicht seltenen Kopulationsakte driftet nie ins Gewöhnliche, Schmierige ab, sondern wird von der Autorin gekonnt in Szene gesetzt.
In starken Worten und mit vielen Bildern gelingt es Verena Güntner, die innere Zerrissenheit von Luis Stück für Stück zu sezieren und wie einen gedeckten Tisch vor dem Leser auszubreiten.
Auch beim Lesen der letzten Zeilen von Es bringen wird eins besonders klar und deutlich: Luis’ Reise ist noch lange nicht vorbei. Luis’ Reise steht erst vor dem Anfang.