Bücher über Laufen gibt es gefühlt so viele wie Teilnehmer beim Düsseldorfer Brückenlauf oder beim Kölner Marathon.
In dieser Hinsicht habe ich mich als Laufanfänger erst einmal überfordert gefühlt, mich überhaupt in dem Dschungel an Ratgebern, Arbeitsbüchern und Nachschlagewerken zurecht zu finden. Das große Manko: Was das eine Buch inhaltlich zu bieten hatte, fehlte dem anderen Buch und umgekehrt.
Das Laufbuch von Martin Grüning, Jochen Temsch und Urs Weber ist diesbezüglich etwas ganz Besonderes und deckt das komplette Lauf-Universum ab. Und das weder auf eine medizinisch-dröge noch lauf-therapeutisch-langweilige Art und Weise. Im Gegenteil, das Buch liest sich kurzweilig und ist unterhaltsam.
Schon zu Beginn habe ich Interessantes über Läufer gelernt. Das Bildungsniveau unter Läufern ist höher als in der Durchschnittsbevölkerung, das Gehirn wird beim Laufen stärker durchblutet und mit mehr Sauerstoff versorgt und Sportler, die mindestens dreimal pro Woche aktiv sind, erkranken seltener an Alzheimer.
Wenn das keine guten Voraussetzungen sind – und mich darin bestärkt haben, dass es eine goldrichtige Entscheidung war, Ende Juni mit dem Laufen angefangen zu haben.
Auch auf die Do’s and Don’ts beim Laufsport gehen die Autoren ein: Ist Pupsen und Rotzen während des Lauftreffs erlaubt? Dürfen Trinkbecher im Wettkampf einfach auf die Straße geworfen werden? Und wie sieht es mit bösen Gesten Richtung Passanten aus, die mich ob meiner Lauferei anpöbeln? Auf alle Fragen gibt es passende Antworten.
Dann geht es ans Eingemachte. Anstatt komplexe Trainingspläne auszurollen, erhalten die Laufanfänger eine Schnellstart-Anleitung für die ersten Schritte als Läufer. Witziges Detail am Rande: bei der Schnellanleitung der Laufexperten habe ich bemerkt, dass ich bei meinem Training instinktiv alles richtig gemacht habe: nach und nach die Distanz steigern und dreimal pro Woche mit Laufpausen dazwischen sind genau richtig.
Die richtige Atmung, die passende Laufbekleidung zu jeder Jahreszeit und ausführliche Erklärungen zur Herzfrequenz-Messung und zum Abnehmen sind nur einige der vielschichtigen Themen, die umfänglich behandelt werden.
Insbesondere der Speckrollen-Test hat mich nachhaltig beeindruckt und ein Ergebnis für mich persönlich gebracht, auf das ich nach dreizehn Wochen Laufen durchaus stolz bin.
Gleiches gilt auch für die doppelseitige Tabelle zum Schneller abnehmen. Sie klärt darüber auf, was der Mensch wie lange tun muss, um Kalorien zu verbrennen. Ich habe gelernt, dass ich eine Bratwurst mit Pommes in fünfzig Minuten “abgelaufen” habe und für ein kleines Bier zwölf Minuten Laufen muss.
Fitness- und Ernährungstipps fehlen genauso wenig wie Hinweise und Ratschläge zum passenden Schuhkauf (“Für jede Trainingseinheit pro Woche ein Paar Laufschuhe!”). Auch die härtesten, verrücktesten und skurrilsten Läufe, Tipps und Tricks Rekorde und Wettkämpfe rund um den Erdball kennen Grüning, Temsch und Weber und berichten ausführlich davon.
Sei es der längste Lauf aller Zeiten, ein Bierathlon, der 100 Marathon Club, das korrekte Tragen der Brötchen-Tüte beim morgendlichen Laufen, die richtige Armhaltung beim Zieleinlauf oder der älteste Marathon-Absolvent: die drei Läufer kennen alle und alles.
Die drei Lauf-Experten grasen allerdings nicht nur jedes erdenkliche läuferische Feld ab, sondern bieten auch kostenlos Lebenshilfe an. Sei es bei der Partnersuche im Kapitel 31 (Herz zeigen) oder beim Grüßen anderer Läufer bei der Laufrunde im In- und Ausland.
Angereichert werden die sportlichen und medizinischen Tipps und Hinweise zu allen Aspekten des Laufens mit Anekdoten und Skurrilitäten aus dem Mikrokosmos Laufen. Und auch vermeintlich unangenehme Themen wie das große und kleine Geschäft während des Laufens werden fachmännisch erklärt und mit zahlreichen Tipps garniert.
Es handelt sich nicht um einen langweiligen Ratgeber für Anfänger und Fortgeschrittene, der mit medizinischen Begriffen und Trainingsplänen nervt. Das Laufbuch ist ein echtes gute Laune-Buch, das wirklich Spaß aufs Laufen macht.
Den Autoren ist die Freude am Laufen auf jeder Seite anzumerken und sie verstehen es perfekt, diese Begeisterung auf den Leser zu übertragen. Wenn ich nicht vor gut drei Monaten mit dem Laufen begonnen hätte, würde ich spätestens seit der Lektüre vom Laufbuch aus der Süddeutsche Zeitung Edition damit beginnen.
Das Laufbuch ist ein ganz, ganz tolles Buch, das absolut als Pflichtlektüre für angehende und aktive Läufer zu empfehlen ist.
Mehr zum Thema Laufen in meiner Artikel-Serie “Projekt Laufen”
Alle bisherigen und künftigen Beiträge zum Thema Laufen findet ihr unter #ProjektLaufen2014.