Vier Tage nach dem schockierenden Anruf am Samstag Morgen klingelt am Mittwoch Nachmittag mein Smartphone. Ich kehre gerade aus einem dreieinhalbstündigen Meeting zurück und drücke den Anrufer weg, um im von meinem Schreibtisch aus zurückzurufen.
Die Stimme meines Gesprächspartners klingt bedrückt, sehr bedrückt und betroffen. Ich ahne, dass ich in den nächsten Minuten nichts Gutes erfahren werde. Und so ist es auch.
Nachdem die Untersuchungen der letzten Tage keine Auffälligkeiten ergeben haben und der Gesundheitszustand besser geworden ist, rückte eine Entlassung aus dem Krankenhaus immer näher. Es waren nur noch die Ergebnisse von einer Untersuchung abzuwarten.
Die Ergebnisse lagen just an jenem Nachmittag am Mittwoch vor und waren der Grund für die Niedergeschlagenheit des Anrufers. Als mir die Erkenntnisse mitgeteilt worden sind, verdoppelte sich die Niedergeschlagenheit und sprang auf mich über. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war sprachlos.
Die Sorge und die Angst um einen sehr, sehr lieben Menschen breiteten sich wie eine mächtige Welle in meinem Körper aus und ließ mich innerlich erstarren. Mir wurde heiß und kalt zugleich und mir wurde schlecht. Richtig schlecht, regelrecht übel.
Tausend Gedanken schwirrten wie ein überdimensionaler Bienenschwarm durch meinen Kopf und ließen mich beinahe durchdrehen. Schlimme Szenarien wechselten sich in schneller Abfolge mit Hoffnung und Zuversicht ab. Der rationale Teil von mir befand sich in Zwiesprache mit dem irrationalen Teil. Der Ausgang des Kampfes blieb offen.
Nach dem Telefonat habe ich versuch, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich musste mich mit Fakten beruhigen. Ich öffnete die Suchmaschine und googlete den Eingriff, der am nächsten Tag stattfinden sollte. Ich lernte dabei viele medizinische Fachbegriffe kennen, erfuhr etwas über die Art des Eingriffes und seine Risiken und Nebenwirkungen. Beruhigt hat mich das ein wenig. Aber auch beunruhigt.
Ich ging auf die Toilette und habe die Hände zum Gebet gefaltet. Im Gespräch mit dem lieben Gott habe ich formuliert, was mir wichtig ist. Immer wieder sind meine Gedanken zu dem Menschen abgeschweift, der mir so viel bedeutet, der mir so wichtig ist. Wie es in ihm jetzt zugehen mag? Ich konnte es nur erahnen.
Auf dem Weg vom Büro nach Hause setzten sich die wild umherirrenden Gedanken vor. Das Kopfkino spielte die gesamte Klaviatur der Gefühle und Dramen und Happy Endings. Es war schön und es war grausam, es war herzlich und es war traurig. Und dann dieses Warten und dieses Ungewisse und diese Machtlosigkeit.
Immer wieder will sich in meinem Kopf die Rationalität durchsetzen. Es ist ein Routine-Eingriff, der wenige Risiken beinhaltet. Es ist ein wichtiger Eingriff, der weitere Gewissheit und damit Sicherheit bringt. Doch da sind auch diese fiesen Gedanken mit Was ist, wenn…
Doch ich lasse sie nicht zu, diese Gedanken. Sie sollen nicht die Oberhand gewinnen.
20. Januar 2015 um 15:38
Hey Marc,
Drück dich!!!! Es wird schon alles gut werden.
Lg Mel