Wenn erwachsene Menschen spielen, sorgt das in unserer Gesellschaft selten für Zustimmung.
Egal ob es sich dabei um Offline-Glückspiele wie Lotto oder Roulette und Poker handelt oder um Online-Games wie World of Warcraft oder Multiplayer-Videospiele auf der PlayStation von Sony: das Nase rümpfen ist selten weit.
Denn nur eins zählt in unserer heutigen Gesellschaft: Der “homo oeconomicus”, jene Spezies von Mensch, die darauf ausgerichtet ist, maximalen Profit mit maximaler Fokussierung zu erreichen. Dafür ist der “homo ludens” beileibe nicht geeignet und wird allerorten stigmatisiert.
Doch das ist falsch! Und zwar auf der ganzen Linie, denn: Wer nicht spielt, ist krank behauptet Norbert Bolz und möchte das anhand seines aktuellen Buches, das im Redline Verlag erschienen ist, belegen. “Warum Fußball, Glücksspiel und Social Games lebenswichtig für uns sind” lautet der Untertitel des Buches und war für mich der Anlass, mich näher mit dem 180 Seiten starken Werk zu beschäftigen.
Doch der Anfang ist zäh und für Nicht-wissenschaftlich-
Anschließend geht der Wissenschaftlicher der TU Berlin auf den Sex-Appeal des Zufalls ein und versucht sich an einer Erklärung, weshalb Menschen gegen Automaten spielen und dort oftmals ein Vermögen lassen. Auch der Mythos Lottojackpot wird in diesem Zusammenhang entzaubert.
Sehr gut gefällt mir, dass es Bolz gelingt, das Spielen aus der Sucht-Ecke zu manövrieren. Er erklärt, dass die Spielsucht nicht von der Hand zu weisen ist, es allerdings von Medien und Gesellschaft zu einer drastischen Überbewertung des Phänomens kommt.
So wirklich spannend und für mich interessant ist das Buch erst ab dem fünften Kapitel geworden. In “Sport, Spiel, Spannung” geht es um die sportliche Komponente des Spieles und seine Faszination. Der Medienwissenschaftlicher erklärt, dass nur im Sport ein harter Wettbewerb und Sieger gesellschaftlich anerkannt sind, während es in vielen anderen Bereichen nur darum geht, niemanden zurückzulassen (Schule), erfolgreich als Team zu agieren (Beruf) und sozial gerecht (Gesellschaft) unterwegs zu sein.
Anschließend geht es um einen Spiele-Zweig, der immer mehr an Bedeutung gewinnt: “Wir tauchen in den Bildschirm ein” thematisiert das weite Feld der Computer- und Videospiele, die traditionellen Spielen dank virtueller Vernetzung und immer größerer Realitätsnähe immer stärker Konkurrenz machen. Die Erkenntnis, dass Computerspiele des Entscheiden und den Umgang mit komplexen Systemen trainieren, setzt sich erst allmählich in den Köpfen der Menschen durch und wird akzeptiert.
Außerdem geht es in diesem Abschnitt um das Fernsehen mit seinen neuen Sende-Formaten. Big Brother und das Dschungelcamp sind die besten Beispiele für Reality TV – Formate, und auch Berlin Tag & Nacht gilt als Blaupause der Scripted Reality. Nicht zu vergessen Bauer sucht Frau und die unzähligen Casting-Shows, die neben dem Voyeurismus und Exhibitionismus der Akteure auch die neue Vokabel des Fremdschämens etabliert haben.
“Das Spiel bricht in die Wirklichkeit ein”, weiß Bolz und behandelt im letzten Kapitel die Gamification, die Verwandlung von alltäglichen Prozessen in Spiele. Damit beendet der Wissenschaftler sein Buch Wer nicht spielt, ist krank: Warum Fußball, Glücksspiel und Social Games lebenswichtig für uns sind, um abschließend noch das elfte Gebot zum Besten zu geben.
Es lautet: Du sollst spielen!