Meine 42. Woche als Läufer führte mich zu einem Lauf zurück in die Kindheit in Ostwestfalen.
Außerdem habe ich das Laufen als probates Mittel zur Frustbewältigung kennengelernt. Selten war ich nach einem Lauf entspannter als am Samstag Abend.
Der letzte Lauf im Osterurlaub in Ostwestfalen
Am vorletzten Tag des Urlaubs in der alten Heimat stand ein zweiter Lauf auf dem Programm. Während es am Samstag Richtung Weser ging, habe ich mich am Dienstag erneut an ein paar Höhenmetern versucht. Mein letzter Versuch diesbezüglich ging im vergangenen Herbst bekanntlich eher weniger gut aus, weil ich nach 120 absolvierten Höhenmetern tagelang Knie-Probleme hatte.
An diesem Vormittag lief es diesbezüglich deutlich besser – anscheinend hat sich das Training des letzten halben Jahres ausgezahlt. Kurz vor dem Lauf hatte ich mit den Kids meinen Eltern bei der Grabpflege geholfen und konnte mich dabei direkt aufwärmen. Bevor es das Mittagessen gab, war der Lauf bei angenehmen Temperaturen die beste Einstimmung auf das leckere Essen meiner Mum.
Die Laufstrecke führte mich einmal rund um mein Heimatdorf Amelunxen. Zu Beginn stand gleich der stärkste Anstieg auf dem Plan, als es entlang des Immentals bis hoch zum Schießstand ging. Übrigens jenem Schießstand, an dem am Ostersonntag das alljährliche Osterfeuer abgebrannt worden ist. Auf dem höchsten Punkt meiner Tour kam ich gehörig außer Puste.
Doch das war nicht wirklich schlimm, denn bei dem Lauf stand nicht die Zeit im Mittelpunkt, sondern das Gewöhnen an Höhenmeter und auch ein wenig Foto-Safari. Ich wollte mir bewusst Pausen zum Fotografieren gönnen und nicht jedes Mal die Zeit auf der Laufuhr anhalten.
Nach dem Schießstand ging es runter ins Tal und von dort aus zu Hotspots meiner Kindheit. Vor knapp dreißig Jahren habe ich viele glückliche Stunden an den Bachläufen und der damals für mich gespenstischen Hexentreppe verbracht. Auch eine kurze Trail-Strecke und ein Spurt über die Eisenbahn-Gleise war mit im Programm.
Die zweite Hälfte der Strecke führte mich entlang der Nethe durch die Felder, bevor ich erstaunlich fit und frisch nach zehneinhalb Kilometern und weniger als einer Stunde beim Haus meiner Eltern angekommen bin. Mit 125 absolvierten Höhenmetern hatte ich außerdem einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt 🙂
Bei meinem nächsten Besuch in der alten Heimat werde ich diese Runde definitiv noch einmal laufen. Vielleicht traue ich mich dann auch einmal hoch auf den Wildberg zur sagenumwobenen Wildburg, deren Ruine auf dem Gipfel des Berges thront und viele spannende Geschichten in sich birgt.
Back in town – und direkt auf die Laufstrecke
Die schönste Erkenntnis nach dem Lauf am Dienstag Mittag mit 125 Höhenmetern war, dass ich sowohl direkt nach dem Lauf als auch am Tag danach keinerlei Kniebeschwerden hatte. Im Oktober 2014, als ich mich erstmals im Laufen entlang des Mittelgebirges versucht hatte, hatte ich einige Wochen arge Probleme im linken Knie. Davon war diesmal zum Glück nichts zu spüren.
Und weil ich am Donnerstag Abend eine Einladung zur Verabschiedung meines ehemaligen Chefs hatte und die planmäßige Lauf-Einheit ausfallen lassen muss, ging es bereits am Mittwoch Abend wieder ins Training. Wir waren eine knappe Stunde aus Ostwestfalen zurückgekehrt und ich hatte die Taschen und Rucksäcke ausgepackt, da hat mich die Lust zum Laufen schon wieder gepackt.
Bei zwölf Grad und Sonnenschein konnte ich nicht anders, als zu laufen. Mit kurzem Laufshirt und den Broilers auf den Ohren ging es los in die frühlingshaften Abendstunden. Der Lauf hat mich körperlich am Ende doch ein wenig gebremst. Vielleicht lag es auch an der ‘Henkersmahlzeit’ mittags in der alten Heimat Ostwestfalen.
Meine Mum hatte uns mit einem perfekt gebratenen Rindersteak, Rösti und Frühlingsgemüse und frischem Obstsalat verwöhnt und das leckere Essen steckte mir womöglich auch noch in den Knochen. Immerhin hat es zu einer Sub 54 auf zehn Kilometern und zu einer durchschnittlichen Pace von 5:23 Minuten auf der gesamten Distanz gereicht.
Neues von der Waage
Übrigens lief es nicht nur in den Laufschuhen gut. Auch auf der Waage lief es richtig gut -siehe mein Tweet vom 10. April:
Dank regelmäßigen Laufens von 93,5 auf 81,8 Kilo in neun Monaten. Langsam muss ich meine Klamotten großflächig austauschen.
— Marc Höttemann (@Ostwestf4le) 10. April 2015
Laufen gegen den Borussia-Frust
Es hätte so ein schöner Samstag sein können. Vormittags habe ich im Garten gearbeitet und am Nachmittag hatte ich mich auf das Borussia-Duell meines BVB in Gladbach gefreut. Nur eine halbe Minute nach dem Anpfiff um halb vier hatte ich bereits die Schnauze voll. Und das sollte sich bis zum Schlusspfiff nicht ändern.
Als Frustbewältigung habe ich nach dem Abpfiff die Laufschuhe angezogen und wollte mir einfach nur den Frust von der Seele rennen. Die Strecke führte mich von Kleinenbroich über Pesch nach Liedberg. Nach einer Runde um Liedberg ging es weiter nach Schlich und Glehn. Zwar wenig spektakulär vom Streckenverlauf, aber südlich von Kleinenbroich war ich läuferisch bislang nicht oft unterwegs. Und Abwechslung tut gut.
Das Finale war dann richtig furios. Die letzten zwei der dreizehneinhalb Kilometer bin ich einen Wolkenbruch geraten, der sich gewaschen hatte und mich nass bis auf die Knochen gemacht hat. Es war ein geiles Gefühl, klatschnass den Frust des besch… Spiels des Borussia aus Dortmund einfach aus dem Kopf zu laufen. Und auch wenn es mich im Dauerregen leicht gefröstelt hat, wollte ich das Gefühl nicht missen.
Fies beim Laufen waren nur die zahlreichen Fohlen-Flaggen, die vor gefühlt jedem zweiten Haus am Fahnenmast geflattert haben und mich jedes Mal wieder an die 1:3-Pleite meines BVB erinnert haben. Meine Reaktion war immer der zweifache ausgestreckte Mittelfinger zum Frustabbau… Infantil von mir, ich weiß. Musste aber sein – und ändert nichts an meiner Wertschätzung für die gute Arbeit von Lucien Favre in Gladbach.
Mehr zum Thema Laufen in meiner Artikel-Serie “Projekt Laufen”
Alle bisherigen und künftigen Beiträge zum Thema Laufen findet ihr unter #ProjektLaufen2014 und unter #ProjektLaufen2015.