Seit einigen Jahren ist das dreigliedrige Schulsystem Deutschlands in der Kritik.
Immer mehr Grundschüler streben – ob gewollt oder ungewollt – an die Gymnasien, während Haupt- und Realschulen immer seltener die erste Wahl sind. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Doch darum geht es in Du bleibst, was du bist: Warum bei uns immer noch die soziale Herkunft entscheidet nur am Rande.
Vielmehr ist das Buch die konsequente Fortsetzung des Artikels “Ich Arbeiterkind” in der Wochenzeitung Die Zeit, in der das Arbeiterkind Maurer niedergeschrieben hat, wie ihm gegen die Mechanismen des Schulsystems der Aufstieg gelang.
Wer in dem Buch eine Generalabrechnung mit dem Schulsystem sieht, liegt nicht ganz falsch. Es geht Maurer allerdings nicht darum, dass alle Schulabgänger studieren sollen. Es geht ihm darum, dass mehr Menschen aus sozial schwachen Milieus studieren, damit die Universitäten und die Wirtschaft die begabtesten und leidenschaftlichen jungen Menschen bekommen – und nicht ausschließlich diejenigen mit dem Glück der Geburt in eine wohlhabende Familie.
Was das Buch so lesenswert macht, ist das geschickte Verweben der eigenen Lebensgeschichte Marco Maurers mit den Fakten aus einem Land, in dem “Bildung für alle” nur eine platte Attitüde, aber nur selten gelebte Wirklichkeit ist. Denn während 77 von 100 Akademikerkindern studieren, sind es nur 23 von 100 Arbeiterkindern. Und diese Auslese liegt nicht am fehlenden Intellekt der Sprösslinge, sondern am Bildungssystem Deutschlands.
Mit vielen Menschen hat sich der Journalist getroffen. Dabei sind weniger bekannte Akademiker und auch bekannte Persönlichkeiten wie Bahnchef Rüdiger Grube, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Politiker Cem Özdemir. Sie alle eint die Schlussfolgerung, dass Deutschland in Bezug auf die Bildungschancen ein ungerechtes Land ist, das Kinder zu früh im Rahmen des dreigliedrigen Schulsystems aufteilt und damit Schulkarrieren verhindert bzw. erst gar nicht ermöglicht. Außerdem wird mehrfach die Undurchlässigkeit der sozialen Milieus bemängelt.
Allerdings läuft das Problem nicht nur in eine Richtung. Nicht nur Arbeiterkinder, die den akademischen Ausbildungsweg einschlagen, haben Probleme, sondern auch Akademikerkinder, die sich gegen ein Studium und für eine klassische Ausbildung entscheiden. Auch mit diesen Menschen hat Maurer Kontakt aufgenommen und aufschlussreiche Gespräche geführt.
Du bleibst, was du bist: Warum bei uns immer noch die soziale Herkunft entscheidet ist ein sehr persönliches Buch. Marco Maurer kehrt mehrfach sein Inneres nach außen und lässt den Leser an seinem Seelenleben und seiner Zerrissenheit teilhaben. Eine Zerrissenheit, die seiner Transformation vom Arbeiterkind zum Akademiker geschuldet ist. Eine Zerrissenheit, die sich insbesondere im Miteinander mit seinen Eltern und seiner Schwester und früheren Nachbarn und Freunden zeigt.
Denn das akademische Leben und der Nicht-Arbeiter-Beruf haben Maurer verändert. Nicht zu einem besseren oder einem schlechteren Menschen, sondern einfach nur in vielerlei Hinsicht verändert.