Vor mehr als einem Jahr ist Deutschland in Brasilien Fußball-Weltmeister geworden. Seitdem sind viele Bücher über den Triumph von Jogis Jungs erschienen und man könnte meinen, alles sei gesagt.
Das ist auch so. Und eigentlich auch nicht. Denn Joachim Staat blickt in Vor der Glotze zum Weltmeister: 1990 und 2014 – Sternstunden im Leben eines Fußballverrückten gleich auf zwei Fußballturniere zurück, in denen die deutsche Nationalmannschaft den WM-Titel geholt hat, nämlich in den Jahren 2014 und 1990.
Der Journalist, der 1990 noch keiner war, hat sich kurz vor der WM in Argentinien bei einem Amateur-Kick das Wadenbein gebrochen und war mit Gips an das Krankenbett mehr oder weniger gefesselt. Der Teenager macht aus der Not eine Tugend und richtet sich sein ganz persönliches WM-Studio ein und verfolgt den Weg der Beckenbauer-Elf bis zum Triumph von Rom am 8. Juli 1990 mit ein paar Kumpels.
24 Jahre später und um einiges weißer, gesetzter, erfahrener, aber nicht weniger Fußball-verrückt verfolgt Staat das Geschehen in Brasilien. Dieses Mal zwar ohne seine Buddies aus der Jugendzeit, aber nicht weniger enthusiastisch.
Fußballbuch mit sehr persönlicher Note
Vor der Glotze zum Weltmeister: 1990 und 2014 ist ein Fußballbuch mit einer sehr persönlichen Note. *Ironie-Modus-An* Und obwohl der Autor seit Kindertagen Schalker ist, habe ich das Buch bis zur letzten Seite genossen. *Ironie-Modus-Aus*
Das Buch aus dem Delius Klasing Verlag ist weniger ein Turnier-Album mit zahlreichen Statistiken, Fotos und Spielberichten, sondern vielmehr ein Fußballbuch mit autobiographischen Elementen.
Joachim Staat schreibt mit einer Prise Humor, jeder Menge Fußball-Sachverstand und einem Hauch Selbstironie lesenswert und kurzweilig und weckt damit Erinnerungen an meine nach 1986 zweite bewusst wahrgenommene Weltmeisterschaft in Italien.
Spannend ist außerdem der Vergleich der Nationalelf 1990 mit der Nationalelf 2014 und den äußeren Umständen. Ein Jahr nach der Wiedervereinigung war die Nationalmannschaft eher ungeliebt und Fußball alles andere als gesellschaftsfähig.
Seit dem Sommermärchen 2006 hat sich das fundamental geändert. Public Viewing ist Standard, und auch Anja und Tanja sind ein nervender Nebeneffekt der neuen deutschen Fußball-Liebe. Im Vergleich dazu muten die Anekdoten vor einem Vierteljahrhundert fast wie ein Bericht aus einer längst vergangenen Zeit an.