Neun Spieltage vor dem Saisonende herrscht in der Bundesliga Langeweile.
Es hat den Anschein, dass der Abstiegskampf nur um den Relegationsplatz stattfindet (Hannover 96 ist weit abgeschlagen Letzter und Hoffenheim kommt auch nicht recht in die Puschen) und auch die Meisterfrage scheint bei Bayerns fünf Punkte Vorsprung auch bereits geklärt.
Zumindest der Kampf um die Champions League-Plätze verspricht ein buntes Treiben, doch ansonsten ist vieles bereits klar. Aber ist es wirklich so langweilig? Ist nicht der Wandel der Borussia aus Dortmund extrem spannend? Thomas Tuchel hat den Abstiegskandidat der Vorsaison zu einem Topteam geformt, das in der Rückrunde bisher ungeschlagen ist, ins DFB-Pokal-Halbfinale eingezogen ist und morgen gegen Tottenham im Achtelfinale der Europa League antritt.
Da ist auch das torlose Remis gegen den FC Bayern München zu verschmerzen. In jenem Spiel hätte der BVB mit einem Sieg neue Spannung in die Meisterschaft bringen können. Doch wir müssen alles andere als unzufrieden sein. Dortmund ist auf einem guten Weg und Tuchel der Architekt des Erfolges. Insbesondere die taktische Disziplin und Variabilität weiß zu begeistern und auch die starke Defensive (erst zwei Gegentore in der Liga in 2016) spricht Bände.
Hier mein Rückblick auf die Spieltag 21 bis 25 und das Achtelfinale im DFB-Pokal.
Knapper Sieg gegen Hannover 96
Zweiter gegen Letzter lautete die Ansetzung am 21. Spieltag. Borussia Dortmund konnte mit einem Sieg im Heimspiel gegen Hannover 96 einen neuen Vereinsrekord aufstellen. Gelänge ein Sieg gegen den Tabellenletzten, wäre es der neunte Erfolg im zehnten Heimspiel dieser Saison.
Es gab drei Wechsel beim BVB: Pierre-Emerick Aubameyang, Sokratis und Erik Durm bekamen eine Verschnaufpause und Neven Subotic, Shinji Kagawa und Gonzalo Castro durften sich beweisen. Es dauerte bis zur neunten Minute, ehe Marco Reus dir erste Chance zur Führung hatte, doch Ron-Robert Zieler rettete in letzter Sekunde. Sieben Minuten später war es erneut Reus, dessen Freistoß nur an die Latte geknallt ist.
8:3 Torschüsse und 72 Prozent Ballbesitz für den BVB – mehr muss man zur ersten Halbzeit in einem ansonsten ereignisarmen Spiel nicht wissen. In der zweiten Halbzeit klappte es besser. Henrikh Mkhitaryan netzte nach einer feinen Einzelleistung zur Führung ein (57.). Christian Pulisic kam nach 64 Minuten für den durchschnittlichen Castro, außerdem Julian Weigl und Matthias Ginter für Durm und Ginter (75.).
Ich hatte nie das Gefühl, dass gegen Hannover etwas anbrennen könnte. Dennoch war ich erleichtert, als ich die dreiminütige Nachspielzeit überstanden hatte und der knappe Sieg amtlich gewesen ist.
Ein Hauch von Champions League
Beim Hinspiel der Zwischenrunde in der Europa League wehte ein Hauch von Champions League – Atmosphäre durch das Westfalenstadion. Mit dem FC Porto hatte sich der schwerste Brocken vorgestellt, der bei der Auslosung möglich gewesen ist.
Borussia war allerdings selbst schuld, weil der Gruppensieg im letzten Vorrundenspiel unnötig hergeschenkt worden ist. Ich konnte das Spiel nicht live vor dem Fernseher verfolgen, weil ich zum Anpfiff in einem Münchener Lokal mit meinem Chef und Teamleiter-Kollegen Bier trinken musste. Sei’s drum – zumindest war der Live-Ticker ab 19 Uhr ständiger Begleiter.
Vor dem Spiel hatte ich mir in der Diskussion mit Bayern München und 1860-Fans einen 2:0-Heimsieg als ideale Ausgangsbasis gewünscht – und sollte exakt dieses Ergebnis serviert bekommen. Zuerst galt es aber, sich über Nuri Sahins Comeback in der Startelf nach 355 Tagen Zwangspause zu freuen und eine wunderschöne Choreo auf der Süd zu genießen:
Die @BVB Fans übertreffen sich selbst. Hier die 3D Choreo #BVBFCP pic.twitter.com/K3ZHzcIq2Z
— Pit Gottschalk (@pitgottschalk) February 18, 2016
Anschließend markierte Lukas Pisczek in der siebten Minute das 1:0 und Marco Reus erledigte auf Vorlage von Miki mit dem zweiten Tor den Rest (71.).
Das Drama von Leverkusen
Nach dem überzeugenden Sieg gegen den FC Porto in der Europa League war am Sonntag darauf die große Rotation angesagt. Fünf Neue und Christian Pulisic mit seinem Startelf-Debüt. Auch Sven Bender war nach langer Verletzungspause wieder am Start.
Nach einer Halbzeit fiel das Fazit wie erwartet aus. Es war ein Spiel auf taktisch hohem Niveau, bei dem Torgelegenheiten Mangelware gewesen sind. Für Taktikfüchse ein Genuss, für den Rest eher weniger. Aubameyang hatte in der Nachspielzeit die Führung auf dem Fuß, verpasste aber denkbar knapp das Tor – die bis dahin beste Chance des Spiels.
Marco Reus kam nach dem Seitenwechsel für den nicht enttäuschenden Pulisic aufs Feld. Gerade während ich mit meinem Dad über das Spiel am Telefon gesprochen habe, fiel das Tor für den BVB. Auf Vorlage von Erik Durm netzte Aubameyang ein (64.)
Anschließend überschlugen sich die Ereignisse. Leverkusens Trainer Roger Schmidt weigerte sich, nach ständigem Reklamieren den Innenraum des Stadions zu verlassen und der Unparteiische unterbrach die Partie. Frei nach dem Motto: “Ein Spiel das wahrscheinlich in die Geschichte eingeht! Wisst ihr noch, als der Trainer damals nicht auf die Tribüne wollte?”
Doch der Platzverweis nutzte nicht dem BVB, sondern den Hausherren. Nach dem Wiederanpfiff spielte Bayer entfesselt auf und drängte auf den Ausgleich. Reus hatte nach einem Konter die Entscheidung auf dem Fuß, doch er scheiterte an Bernd Leno (88.). Am Ende stand erneut ein knapper, durchaus verdienter 1:0-Sieg.
Achtelfinale, wir kommen!
Nur eine Woche nach dem überzeugenden Heimsieg im Westfalenstadion, bei dem Porto 2:0 besiegt worden ist, galt es für den BVB, in Portugal den Achtelfinaleinzug klarzumachen.
Für den verletzten Sokratis spielte Sven Bender in der Innenverteidigung und Matthias Ginter ersetzte den kurzfristig ausgefallenen Lukas Pisczek. Außerdem kehrte Ilkay Gündogan neben Julian Weigl ins defensive Mittelfeld zurück.
Nach einem ergebnislosen Beginn kam die 23. Minute mit einem klasse Spielzug. Miji flankt, Reus ballert und sein Schuss wird abgeblockt, doch Auba vollendet zum 1:0. Auch anschließend präsentierte sich Dortmund wie gewohnt defensiv stark und kompromisslos.
In der zweiten Halbzeit kamen Nuri Sahin und Neven Subotic für Gündogan und Mats Hummels. Die Borussia hatte das Spiel jetzt klar im Griff und spielte ihren Stiefel routiniert herunter. In Summe drei zu null Tore waren gegen den FCP ein sanftes Ruhekissen.
In der 70. Minute kam Ramos für Reus und damit hatte Thomas Tuchel drei seiner Stars für das nächste Ligaspiel am Sonntag zu Hause gegen die TSG Hoffenheim geschont.
Wechselbad der Gefühle gegen Hoffenheim
Das Heimspiel gegen Hoffenheim war endlich wieder ein Live-Erlebnis für mich im Westfalenstadion. Und nicht nur das! Am 23. Spieltag hatte ich nicht nur Liam, sondern auch Luke mit im Westfalenstadion, der sein erstes Spiel vor 81.359 Zuschauer vor ausverkauftem Haus erleben durfte.
Nach einem überraschenden 0:1-Rückstand drehte die Borussia das Spiel mit drei Toren innerhalb von zehn Minuten und gewann mit 3:1. Ausführlich habe ich bereits unter Borussia Dortmund gegen die TSG Hoffenheim – wir waren live dabei über die Begegnung im Blog berichtet.
Fluch gegen Darmstadt besiegt
Drei Tage vor dem Gipfel gegen Bayern München war beim BVB gegen Darmstadt heavy Rotation angesagt. Gleich acht neue Spieler standen im Vergleich zum Sonntag auf dem Platz. Roman Bürki und Marco Reus waren erst gar nicht im Kader. Und Youngster Felix Passlack kam mit 17 Jahren zu seinem Debüt bei den Profis.
Das Böllenfalltor war nicht erst seit kurzem gefürchtet. Und der Rasen, der eher einem Acker glich, tat sein Übriges, damit die Borussen das Spiel nicht auf die leichte Schulter genommen hatten. Schließlich gelang dem Aufsteiger in der Hinrunde beim 2:2 in letzter Sekunde der Ausgleich, wie Liam und ich live miterleben mussten. Es war übrigens das bis dahin einzige Remis daheim, ansonsten gab es nur Siege im Westfalenstadion 🙂
Dortmund war von Beginn an spielbestimmend, aber Darmstadt defensivstark. Der von Beginn an spielende Adrian Ramos gelang in der 38. Minute die Führung, die nach dem Wechsel mit einem herrlichen Tor auf 2:0 erhöht worden ist. Gonzalo Castro spielte zu Erik Durm und dessen erstes Saisontor bedeutete die Vorentscheidung (53.).
Keine Tore im Bundesliga-Gipfel
0:0 gegen Bayern – Borussia Dortmund wird kein Deutscher Meister 2016 habe ich am Sonntag Morgen, wenige Stunden nach dem Samstag-Topspiel, im Blog getitelt.
Das torlose Unentschieden zwischen dem Zweiten und dem Ersten der Liga hat die erhoffte Spannung im Titelkampf nicht gebracht. Ob es am fehlenden Mut der Borussen oder der Stärke der Rot-Weißen lag, ist am Ende des Tages egal.
Ich war alles andere als enttäuscht von dem Ergebnis, denn anders als im Hinspiel, als die Münchener den BVB mit 5:1 regelrecht deklassiert hatten, war es ein halbes Jahr später ein Duell auf Augenhöhe. Thomas Tuchel hat den BVB klasse weiterentwickelt und ich freue mich auf die nächsten Wochen und Monate.
Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sich beide Teams in dieser Saison noch ein drittes Mal gegenüberstehen. Das DFB-Pokalfinale 2016 in Berlin ist in greifbarer Nähe 🙂
Meine Prognose lag daneben
Ich bin einfach zu pessimistisch. Denn anders als ich es nach dem 20. Spieltag vorhergesagt habe, gingen meine Tipps aus.
Ich hatte in den Spielen gegen Hannover, Leverkusen, Hoffenheim, Darmstadt und Bayern die Ergebnisfolge S – U – S – U – U mit neun Punkten prophezeit, doch es wurde mit vier Siegen und einem Unentschieden (13 Punkte) gleich um vier Zähler besser für die Borussia.
Gegen Porto in der Zwischenrunde der Europa League hatte ich ein knappes Weiterkommen vorhergesagt. Mit insgesamt 3:0 Toren war es dann doch eine Spur souveräner von Schwarz-Gelb 🙂 Allerdings geht es morgen zu Hause und eine Woche später in London gegen Tottenham Hotspurs im Achtelfinale und die beiden Duelle werden eine ganz andere Nummer…
Wo landet Borussia Dortmund am Ende der Saison?
Auch dieses Mal veranstalte ich das lustige Tipp-Spiel und schaue auf die nächsten fünf Paarungen.
Meine Prognose: Zuhause gegen Mainz, in Augsburg, im Westfalenstadion gegen Bremen, bei den Schlümpfen und daheim gegen den HSV sind drei Siege (gegen Mainz, Bremen und den HSV – allein als Rache für die Hinspielniederlage!) und zwei Unentschieden (Augsburg und Schalke) mit insgesamt elf Punkten möglich.
Was den Tabellenplatz in der Bundesliga am Saisonende angeht, bin ich nach 25 Spieltagen felsenfest überzeugt, dass die Vizemeisterschaft sicher ist. Der fünf Punkte Vorsprung der Bayern wird allerdings von Borussia Dortmund nicht mehr einzuholen sein.
In der Europa-League werden es gegen den Tabellenzweiten aus England zwei gaaaaaanz enge Spiele, die der BVB mit einer konzentrierten Leistung in der Endabrechnung aber für sich entscheiden kann.
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