Das Schweigen der Männer heißt das Buch von Dasa Szekely, die sich neben ihrer Tätigkeit als Autorin als systemische Beraterin und Transaktionsanalytekerin beruflich verdingt.
Sie ist laut Klappentext der Meinung, dass die Zeit reif sei, die Männer es aber nicht seien. Und deshalb beschäftigt sie sich mit der Frage, “warum der Mann in der größten Krise seines Bestehens ist und wie er wieder herauskommt.”
Der Mann versagt auf der ganzen Linie
Und das ist auch schon der Knackpunkt, den ich direkt an den Beginn meiner Rezension stelle. Szekely versucht mehr als Dreiviertel des Buches mal weniger und selten mehr überzeugend, anhand von Beschreibungen des Mannes in der aktuellen Welt, historischen Ausflügen bis zum ersten Weltkrieg und Erlebnissen aus ihrem Coaching-Alltag deutlich zu machen, wie unreif, kindlich und überhaupt wie unerwachsen die Spezies Mann auf diesem Planeten lebt.
Der Mann als verbales Prügelopfer, als “Scheinerwachsener” (eine Wortschöpfung der Autorin), als unfähige Führungskraft und überhaupt der Mann als Versager auf der ganzen Bandbreite seines Wirkens. So liest sich die Diagnose des weiblichen Coaches, die mit diesem Rundumschlag gleich alle männlichen Wesen in Sippenhaft nimmt.
Überhaupt hat mich während des Lesens der mehr als 280 Seiten nie das Gefühl verlassen, dass es sich bei Das Schweigen der Männer um eine Generalabrechnung mit den Männern handelt.
Und ich mag diese Form der Schwarzmalerei nicht. Auf der einen Seite die arme, bemitleidenswerte Frau und auf der anderen Seite der schweigende und ebenfalls bemitleidenswerte Mann, für dessen Verhaltensweise viele Motive und Gründe aufgeschrieben hat.
Die Gnade der späten Geburt
Was mir in dem Buch fehlt, sind Anleitungen zum Wandel der von ihr gescholtenen Männer und ihrer Verhandlungsweisen. Es fehlen Anweisungen und Anregungen zur gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema. Denn eins ist so klar wie das Amen in der Kirche: die von Szekely gescholtene Spezies Mann und überhaupt das kritisierte “Schweigen der Männer” wird vermutlich über die Jahre aussterben.
Ich bin mir nicht sicher, ob es die Gnade oder das Glück oder gar das Pech der späten Geburt ist, dass ich als Mann aus dem Jahrgang 1974 viele der Anfeindungen, Beobachtungen und Seitenhiebe der Autorin nicht nachvollziehen kann.
Keine innovativen Ideen, keine Denkanstöße
Erst im letzten Viertel des Buches geht es ans Eingemachte. Erst dann erklärt die Autorin, was Frauen, Männer und die Politik tun müssen, damit sich etwas an der beklagenswerten Situation der schweigenden Männer ändert. Doch wer jetzt einen bunten Strauß an Vorschlägen und Tipps erwartet, wird enttäuscht sein. Stattdessen finden sich die vielfach diskutierten und vielfach ausgelutschten Topics wieder – innovative Ideen und Gedankenanstöße sind Mangelware.
Immer wieder taucht der Hinweis zur Paartherapie auf. Und immer wieder schleicht sich bei mir der Gedanke ein, dass die Autorin ihre Beratungsleistung beziehungsweise die Beratungsleistung ihrer Kolleginnen und Kollegen an den Mann und an die Frau bringen möchte. Vielleicht hat sich Frau Szekely auch zu lange von ihrem Berufsalltag in der Praxis gefangen nehmen lassen, denn die Berichte aus ihrer Tätigkeit als Spezialistin für Transaktionsanalyse deuten darauf stark hin.
Erst nach der Lektüre des kompletten Buches habe ich mich mit der privaten und beruflichen Vita Szekelys beschäftigt. Und auch wenn es oberflächlich wirkt – wir Männer sind bekanntlich so -, habe ich das Gefühl, dass ihr Lebenslauf einiges mit der Wutschrift Das Schweigen der Männer zu tun hat.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.