Joachim Gerhard ist passiert, was für viele Väter das Schlimmste und Furchtbarste ist: seine beiden Söhne sind verschwunden.
Ich hole euch zurück – das verspricht er nicht nur seinen Kindern Jonas und Lukas und seiner von ihm geschiedenen Frau. Das Versprechen ist gleichzeitig auch der Titel seines Buches.
Sein Bericht trägt den Untertitel “Ein Vater sucht in der IS-Hölle nach seinen Söhnen” und gibt damit einen Einblick in die Handlung. Vom plötzlichen Verschwinden im Oktober 2014 bis zum heutigen Jahr erstreckt sich die Erzählung des Familienvaters und gibt einen Blick in den schier aussichtslosen Kampf um die Rettung seiner Kinder.
Dabei war die Ausgangslage der Familie so unbeschwert und ließ nie auf eine Radikalisierung der beiden Söhne schließen. Die Eltern ließen sich zwar scheiden, doch die Jungen wuchsen bei dem wohlhabenden Vater auf und wuchsen in geordneten und ungezwungenen Verhältnissen mit zahlreichen Freiheiten auf.
Erst die Freundschaft mit einem neuen Kumpel sorgte für die ersten Berührungspunkte mit dem Islam. Nach Moschee-Besuchen und einem – vermutlichen – Hassprediger war die Konvertierung zum Islam die logische Folge, die in die “Flucht” mit dem Dienstwagen des Vaters nach Syrien mündet.
Joachim Gerhard erzählt anschließend von seinen zahlreichen gescheiterten Versuchen, die Kinder aus den Fängen des IS zu befreien. Er berichtet von aufkeimende Hoffnung und enttäuschten Erfahrungen, wir erleben seine Todesangst, als der – vorgetäuschte – Tod ihn via Smartphone erreicht und erleben seine Freude über die bevorstehende Rückkehr der Söhne hautnah mit, bevor die Hoffnung wieder wie eine Seifenblase zerplatzt.
Mir imponiert Gerhards Durchhaltevermögen und sein schier grenzenloser Optimismus. Es ist beeindruckend, dass zahlreiche Hiobsbotschaften seine Zuversicht nie dauerhaft trüben und sein Glaube an die Rettung von Lukas und Jonas alles andere überstrahlt. Der Autor spart auch nicht mit Kritik an den deutschen Behörden und der Polizei, die aus seiner Sicht nicht wirklich gute Arbeit abgeliefert haben.
Wer ein Happy End nach 220 intensiven Seiten erwartet, wird eine Enttäuschung erleben. Denn bis zur Drucklegung von Ich hole euch zurück: Ein Vater sucht in der IS-Hölle nach seinen Söhnen gibt es keine neuen Nachrichten – weder gute noch schlechte, was wiederum auch ein gutes Zeichen ist. Denn so besteht weiterhin Hoffnung auf ein Wiedersehen und eine Zusammenführung der Familie.
“Dieser Tag wird kommen. Ich weiß es genau.” schreibt Joachim Gerhard zum Abschluss und ich wünsche ihm nichts sehnlicher als dieses Wiedersehen.