Es läuft bei mir einfach klasse in Sachen Borussia Dortmund und Westfalenstadion.
Nur einen Monat nach meinem ersten Besuch in dieser Saison am Freitag Abend gegen den SC Freiburg stand bereits die nächste Fahrt nach Dortmund auf dem Programm. Dieses Mal nicht in der Bundesliga, sondern in der zweiten Runde des DFB-Pokals. Und dieses Mal nicht nur mit den Kids, sondern auch mit meinem Bruder Chris, der aus Ostwestfalen angereist ist:
In vier Wochen bin ich schon wieder im Westfalenstadion und schaue erstmals seit Ewigkeiten mit meinem Bruder den @BVB live im Pokal 🐝 ⚽ 💛
— Marc Höttemann 🏃🏻 👟 🥇 📱 🕹 📚👨🏼💼 🏖 🖋 (@Ostwestf4le) September 28, 2016
Es war das erste Spiel seit Mitte der 1990er Jahre für Chris. Damals sind wir gemeinsam auf der Südtribüne gewesen. Der Gegner hieß Bayer Uerdingen und diese Mannschaft dürfte heute nicht mehr jedem geläufig sein – weil es sie nicht mehr gibt. Aus Bayer Uerdingen ist inzwischen der KFC Uerdingen 05 hervorgegangen.
Drama auf der Anreise
Wie schon vom einem Monat an einem Freitag war die Fahrt nach Dortmund auch an einem Mittwoch eine Katastrophe.
Für läppische 93 Kilometer brauchten wir erneut eine Stunde und 40 Minuten. Die nervige Anfahrt wurde allerdings mit einem klasse Parkplatz belohnt, der uns die Abreise zu später Stunde extrem erleichtert hat. Und nach einem eineinhalb Kilometer langen Fußweg waren wir schon nach knapp 20 Minuten am Stadion.
Das Bild vor dem Westfalenstadion war ungewohnt für mich. Ungewohnt ob der starken Polizei-Präsenz, die sich aufgrund der 12.000 Fans von Union Berlin auf den Weg gemacht hatten. Der vor der Nordtribüne platzierte Wasserwerfer (!) war das Tüpfelchen auf dem i. Denn die Rot-Weißen aus der Hauptstadt waren alles andere auf Krawall aus und haben schon Stunden vor dem Spiel friedlich und ordentlich Stimmung gemacht.
Schick waren auch die zahlreichen roten Regenjacken mit dem Slogan “Keine Wand ist unbezwingbar”, die eine Anspielung auf die Gelbe Wand gewesen sind. Der BVB sollte das Gegenteil beweisen – hatte ich zumindest gehofft 🙂
Nachdem ich die Tickets in der FanWelt in Empfang genommen hatte, hieß es Warten. Der Zug aus OWL hatte Verspätung und erst um viertel nach sieben war mein Bruder an der Roten Erde angekommen. Endlich konnten wir die obligatorische Bratwurst und ein leckeres Bier gemeinsam genießen und auf den Abend anstoßen.
Als wir unsere Bratwurst verspeist hatten, kamen wir kurz mit einem Berliner Fan ins Gespräch. Wir wünschten uns gegenseitig ein schönes Spiel und der Rot-Weiße hatte das Schlusswort: “Eins steht fest. Wir fahren nach Berlin.”, hatte der Hauptstädter das amüsante Schlusswort und wusste zum damaligen Zeitpunkt noch nichts von dem dramatischen Spiel, das uns bevorstehen sollte.
Beste Sicht im REWE – Familienblock 65
Anders als zu Bundesliga-Heimspielen gab es am Pokalabend keine Kinder-Belustigung im REWE-Familienblock. Zumindest ist uns Emma, das Dortmunder Maskottchen, über den Weg gelaufen und es reichte für ein Foto mit dem großen Sohn und meinem Bruder.
Wir hatten Eintrittskarten für den Familienblock 65, der eine gute Sicht auf das Spielfeld und den Gästeblock auf der Nordtribüne geboten hat. Wobei Block bei dieser Begegnung eine hemmungslose Untertreibung gewesen ist. Die Hauptstädter füllten gleich mehrere Blöcke komplett aus und tauchten die Tribünen in ein rot-weißes Feld.
Wenn ich mir überlege, dass Union Berlin an diesem Abend mehr Anhänger mobilisiert hat als Hoffenheim, Ingolstadt und Wolfsburg in einer Spielzeit zusammen, dann ist das schon eine Leistung. Aber lassen wir diese Vergleiche.
Trubel und Dilettantismus vor dem Spiel
Jetzt aber zum Sportlichen. Ich hatte vor dem Spiel kein gutes Gefühl. Das schlechte Spiel – zumindest in der ersten Halbzeit – in Ingolstadt (3:3) und die Situation mit den zahlreichen Verletzten beim BVB waren ein gefährlicher Mix. Dazu kam, dass Union als Tabellenzweiter der zweiten Liga alles andere als auf die leichte Schulter zu nehmen ist.
Die Aufstellung der Borussia war durchaus spannend und diskutabel. Nuri Sahin spielte von Beginn an, Adrian Ramos im Sturm und Jacob Bruun Larsen feierte sein Profi-Debüt im zarten Alter von 18 Jahren. Eine spannende Elf, die Thomas Tuchel aus dem Hut gezaubert hat.
Bevor es aber endlich losging, mussten wir uns gedulden. Wegen des großen Besucherandrangs wurde das Spiel fünfzehn Minuten später angepfiffen. Später sollte sich herausstellen, dass die Sicherheitsvorkehrungen mehr als diskutabel gewesen sind. Siehe dazu auch Systemimmanenter Dilettantismus und die Stellungnahme zum Pokalspiel vom BVB.
Fußball wurde auch gespielt
Als you will never walk alone angestimmt wurde, sind mir wie so oft die Tränen die Wange heruntergelaufen. Es erstaunt mich immer wieder aufs Neue, welche Emotionen dieses Lied und dieses Stadion in mir freisetzen.
Der krasse Gegensatz zu diesem intensiven Erlebnis war die erste Hälfte. In einem verhaltenen Spiel präsentierte Borussia wieder seine nachlässige Abwehr, während die Offensive nicht wirklich zwingende Chancen produziert hatte. Die optische Überlegenheit der Schwarz-Gelben wurde dann aber doch noch vor dem Pfiff zur Pause belohnt.
In der 44. Minute traf ausgerechnet der 18-jährigee Debütant Larsen auf Vorlage von Mario Götze zur Führung. Thomas Tuchel hatte also bis dahin alles richtig gemacht und ich ging mit einem guten Gefühl in die Pause. Während ich mich moralisch auf die zweite Hälfte vorbereitet hatte, sorgte der Union-Anhang für die bereits im Vorfeld bekanntgewordene Pyro-Show, die sich als erbärmliches Klein-Feuerwerk herausstellen sollte. Lächerlich und einfach unnötig.
In der zweiten Halbzeit hatten die Dortmunder die Partie im Griff. Nur zu viel Eigensinn und der Willen, den Ball ins Tor tragen zu wollen, verhinderte das fällige 2:0. Trainer Tuchel wechselte nach 68 Minuten doppelt. Sahin und Larsen wurden gegen Ousame Dembélé und Julian Weigl ausgetauscht. Und dann fiel das Tor. Allerdings für das falsche Team.
Es gab großen Jubel im rot-weißen Block nach 70 Minuten. Das runde Leder war im Gehäuse von Roman Weidenfeller gelandet. Doch der Unparteiische versagte dem Treffer die Anerkennung. Ein kräftiges Durchatmen war angesagt. Allerdings nur elf Minuten lang, denn dann passierte es wirklich: der Ausgleich für die Gäste von der Spree. Der Ausgleich, um den Borussia Dortmund förmlich gebettelt hatte. Unfassbar.
Das einzig Gute: Jetzt war Stimmung in der Bude. Als Emre Mor in der 87. Minute nach einer feinen Einzelleistung nur den Pfosten traf, war es zum Haare raufen. Die Verlängerung war die logische Konsequenz. So sehr ich mich auch über zusätzliche dreißig Minuten Fußball gefreut habe, so ärgerlich war das 1:1. Borussia hatte es sich selbst eingebrockt und musste diese Suppe nun auslöffeln.
Beste Fans der Liga? Das ich nicht lache!
Und erneut haben nach neunzig Minuten unzählige vermeintliche Fans bereits das Stadion verlassen. Was geht in solchen Menschen vor, frage ich mich. Und dann wird auch noch von Borussia Dortmund und den besten Fans der Liga gesprochen. Beste Fans der Liga? Das ich nicht lache! Aber zurück zum Geschehen auf dem Platz.
Slapstick-mäßig wurde es in der 110. Minute, als Roman Weidenfeller durch den Strafraum irrte, aber zwei Berliner diesen Vorteil nicht nutzen konnten. Das hätte das 2:1 sein können, wenn nicht sogar müssen. Felix Passlack wurde anschließend gegen Sebastian Rode ausgetauscht und gleich Augenzeuge, wie sein Team erneut den Ball ins Tor tragen wollte, anstatt einfach mal auf den Berliner Kasten zu ballern.
Als zum Seitenwechsel gepfiffen und die letzten fünfzehn Minuten begonnen hatten, zeigte sich immer mehr, dass sich die Berliner ins Elfmeterschießen retten wollten. Und so kam es auch, nachdem der BVB zu eigensinnig, zu unpräzise und zu verspielt beste Torgelegenheiten vergeben hatte.
Elfmeterschießen live im Stadion
Das Elfmeterschießen ist immer ein Glücksspiel und ich kann mich nicht daran erinnern, bisher ein Elfmeterschießen live im Stadion erlebt zu haben. Jetzt war es soweit. Und ich hätte mir das gern erspart. Denn meine ohnehin angespannten Nerven waren einer erneuten Belastungsprobe ausgesetzt und ich hätte am liebsten das Westfalenstadion verlassen.
Ich musste da aber jetzt durch. Und alle übrigen Zuschauer ebenfalls. Der Shoot Out fand auf die Südtribüne statt. Ein gutes Omen? Ja, definitiv ein gutes Omen. Roman Weidenfeller wurde zum Fußballgott und Elfmeter-Killer. Gleich zweimal konnte er den Ball parieren und den dritten Schuss der Berliner in den Nachthimmel fliegen sehen.
Weil Dembélé, Mario Götze und Matthias Ginter ihre Elfmeter sauber und souverän verwandelt hatte, stand der Einzug ins Achtelfinale weit nach 23 Uhr in der Nacht fest und ich war einfach nur noch erleichtert und glücklich.
“Ich bin jetzt taub”, meinte Liam in Anspielung auf mein lautes Schreien und Jubeln nach dem Sieg des BVB.
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