Männer, die auf die 40 zugehen, kommen mitunter auf komische Ideen. Der eine entdeckt den Sport für sich (wieder), der andere fängt ein komplett neues Leben an (eher selten) und der nächste lässt sich etwas ganz Verrücktes einfallen.
Zu der letztgenannten Spezies gehört Nilz Bokelberg. Der Enddreißiger hat sich überlegt, mit einem Interrail-Ticket quer durch Europa zu reisen und sich dabei auf die Spuren seiner Kindheit und Jugend zu begeben. Seine Reise führt ihn von Holland über Belgien in die Schweiz und Österreich bis nach Italien und wieder zurück.
Während die meisten Menschen ihren Urlaub im Sommer genießen, hat sich Bokelberg für den ehe unattraktiven Reisemonat November entschieden. Und das mit voller Absicht, denn im Sommer, wenn es schön ist, kann jeder verreisen.
Bei Nilz auf der Rückbank
Als Leser sitzen wir bildlich gesprochen mit auf der Rückbank des Touristen und begleiten den Enddreißiger auf seiner Tour durch Europa.
In Tagebuchform lässt uns Bokelberg mitreisen und kann uns dabei regelrecht mitreißen. Euphorisch, ernüchternd, witzig, traurig und nachdenklich – während seiner Rundreise durch die bekanntesten Länder Europas erlebt der ehemalige Jugendsender-Moderator die komplette Klaviatur der Gefühlswelt.
Seine Hoffnungen auf Flashbacks erfüllen sich und werden wie eine zerplatzte Seifenblase zerstoben. An Orte, die er besonders geliebt hat, schließen sich auch in der Neuzeit phantastische Erfahrungen an. Doch gelegentlich stellt sich auch Ernüchterung ein. Dann will der Zauber der Jugend sich partout nicht entfalten, dann bleibt nur die Leere.
Eine Reise in die eigene Jugend
Das Reisetagebuch des Rheinländers war für mich wie eine Zeitreise in die eigene Jugend. Ähnlich wie der Autor hatte ich das Glück, dass meine Eltern sehr reisefreudig gewesen sind und mir in den 1980er Jahren viel von der Welt gezeigt haben: Mallorca, Griechenland und Südtirol waren nur einige der Stationen in meiner Kindheit.
Und noch eine Parallele zum Autor habe ich an mir entdeckt. Auch ich mache mir gelegentlich Gedanken über Dinge und über extreme Situationen, die so niemals eintreten werden, die mich aber lähmen. Nilz Bokelberg geht es seit der Grundschule auch so und er hat dank seiner damaligen Lehrerin einen Weg gefunden, damit umzugehen und die Angst in den Griff zu bekommen.
Danke für diesen Impuls, Nilz!