Wer im Büro arbeitet, kennt das Gefühl der ständigen Ablenkung nur zu gut. Das Telefon klingelt, ein Kollege kommt vorbei oder der E-Mail-Eingang quillt über.
Effizientes Arbeiten ist damit unmöglich und am Ende des Arbeitstages stellt sich die Frage: was habe ich heute eigentlich geleistet? Cal Newport hat sich mit diesem vielschichtigen Problem beschäftigt und seine Erkenntnisse in Konzentriert arbeiten: Regeln für eine Welt voller Ablenkungen zusammengefasst.
Deep Work als Grundidee – Shallow Work als Grundübel
Das Herzstück des Buches ist das sogenannte Deep Work, die der Autor, angelehnt an den Psychiater Carl Gustav Jung, als “lange Phasen ununterbrochener Gedankenarbeit” beschreibt. Dabei handelt es sich um Arbeit, die im Zeitalter von E-Mail und Social Media wichtiger denn je ist.
Laut einer Studie von McKinsey aus 2012 verbringt ein durchschnittlicher Wissensarbeiter über 60 Prozent der Arbeitswoche mit elektronischer Kommunikation und Internetsuche, von denen knapp die Hälfte auf das Lesen und Beantworten von Mails entfällt. Verständlich, dass diese fragmentierte Aufmerksamkeit keine Grundlage für Deep Work ist.
Das Gegenteil des Deep Work ist die Shallow Work, die Newport als “kognitiv anspruchslose, logistikorienterte Aufgaben” beschreibt, “die häufig unter Ablenkung durchgeführt werden.” Mit konzentriertem, tiefgängigem Arbeiten hat diese Oberflächlichkeit nichts zu tun. Es gilt also, die Shallow Work weitestgehend aus dem Arbeitsalltag zu eliminieren.
Theorie und Praxis im Mix
Das Buch gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil erklärt Newport die theoretischen Grundlagen und Vorzüge der Deep Work. Er beschreibt, wieso Deep Work so wertvoll wie selten ist und wie sich die Wissensarbeiter des 21. Jahrhunderts diesen Vorteil zunutze machen können.
Anhand des Konzeptes des Aufmerksamkeitsrückstands wird deutlich, dass Tiefgang zunehmend seltener und damit wertvolle wird. Das Ziel des Buches ist es, systematisch die persönliche Fähigkeit der Vertiefung zu entwickeln und damit enorme Vorteile zu erzielen.
Wie wichtig die Fokussierung ist, wird anhand des Beispiels von Winifred Gallagher deutlich. Nach einer Krebsdiagnose erklärt Newport die Vorteile der Entschlossenheit, sich auf die guten Dinge in ihrem Leben zu fokussieren: “Wer Sie sind, was Sie denken, fühlen und tun, was Sie lieben – das alles ist die Summe dessen, worauf Sie sich konzentrieren.”
Und weiter: “Wenn sie sich auf eine Krebsdiagnose fokussieren, werden Sie unglücklich und Ihr Leben düster. Fokussieren Sie sich stattdessen jedoch auf einen abendlichen Martini, wird Ihr Leben angenehmer – obwohl die Umstände in beiden Szenarien dieselben sind.”
Deep Work lässt sich lernen
Im zweiten Teil geht es um die praktische Anwendung der Deep Work. Der Informatiker gibt praktische Beispiele zum konzentrierten Arbeiten und beweist, dass Müßiggang und Langeweile der Turbo für fokussiertes Arbeiten ist.
Natürlich bekommt auch Social Media in dem Buch Redline Verlag sein berechtigtes Fett weg. Twitter und Facebook dienen als Beispiele für Prokrastination. Auch die E-Mail-Flut im beruflichen und privaten Bereich stellt sich als Hindernis bei Deep Work heraus. Cal Newport lässt den Leser auch hier nicht allein und stellt bewährte Strategien vor.
Alles in allem ein lesenswertes Buch mit zahlreichen Anregungen, das Deep Working im Arbeitsalltag zu verankern. Je nach Organisation lässt sich der Ansatz mehr oder weniger gut umsetzen. Als Angestellter in einem Großraumbüro mit wenigen Rückzugsmöglichkeiten weiß ich ein Lied von dieser Problematik beim Konzentriert arbeiten zu singen.