Wow, was war das für ein Lauf! Auch zwei Tage später bin ich noch geflasht von dem Wettkampf und meiner Zielzeit.
Ich hatte mir vor dem Rennen ganz mutig eine Sub 1:50 Stunden ins Auge gefasst, nachdem ich sowohl beim Venloop 2017 als auch bei meinem Debüt in Himmelgeist 2016 an dieser Marke gescheitert bin. Doch jetzt war die psychologisch wichtige Marke fällig – und zwar richtig fällig. Doch der Reihe nach.
Unsicherheit vor dem Rennen
Einen Tag vor dem Wettkampf war ich unsicher, wo ich leistungsmäßig stehe. Meine letzter Trainingslauf datierte vom Mittwoch, ehe ich drei Tage beruflich in Frankfurt und Mainz unterwegs gewesen bin. Untergebracht im Hotel habe ich nicht nur gut gefrühstückt, sondern auch mittags und abends warm gegessen und das eine oder andere Bier genossen.
Meine Waage quittierte diese ungewohnten Alkohol- und Essensmengen mit einem Sprung über die 80 Kilo-Marke. Und die Aufnahme von Kohlenhydraten setzte sich am Freitag fort, als es mittags ungeplant einen Besuch bei Mc Donald’s gegeben hat. Na ja, muss auch mal sein 🙂 Dafür habe ich auch die zweite Laufeinheit, die für Donnerstag Abend geplant war, ein Opfer der Hitze (abends noch mehr als 30 Grad!) werden und ausfallen lassen.
Also alles andere als gute Voraussetzungen für eine neue persönliche Bestleistung. Andererseits gibt es ja auch die Tapering-Phase, die nur leichte bis gar keine läuferischen Aktivitäten vor dem Wettkampf vorsieht. In dieser Hinsicht habe ich alles richtig gemacht 😉
Das Lauf-Equipment
Am Freitag Abend habe ich meine Renn-Klamotten zurechtgelegt. Die Adidas Supernova, meine dünnen CEP-Laufsocken, kurze Tights und ein dünnes Adidas-Laufshirt. Natürlich durfte auch die Garmin Forerunner 235 Laufuhr nicht fehlen, während die Musik wie bei Laufveranstaltungen üblich, zu Hause bleiben sollte.
Anders als vor einem Jahr, als es mit 13 Grad und Regen in der Nacht eher frisch gewesen ist, konnte dieses Jahr die Regenjacke und die Laufjacke zum warm halten zu Hause bleiben. Es sollte tagsüber 22 Grad geben und am Morgen mit 16 Grad eher frisch sein. Und dann war es auch schon Samstag Morgen.
Race Day
Der Wecker klingelte an diesem Samstag früher als unter der Woche. Es war kurz vor halb sechs und neben zwei Kaffee gab es das typische Wettkampf-Frühstück für mich. Zwei Toasts mit Nutella und Bananenscheiben, zwei Kaffee sowie drei Gläser Wasser waren eine gute Grundlage für den Lauf.
Um viertel nach sechs ging es entspannt mit dem Auto Richtung Düsseldorf, damit ich gegen kurz vor sieben den Bus vom Uni-Gelände nach Himmelgeist nehmen konnte. Ich wollte nicht auf den letzten Drücker dort sein, sondern in aller Ruhe die Startunterlagen abholen und etwas von der entspannten Atmosphäre einatmen.
Auf der Südbrücke kurz vor Düsseldorf zeigten sich bereits die ersten Vorboten des Laufes. Das Kilometer 12-Schild weckte die Vorfreude auf den Wettkampf und sorgte für ein erstes Kribbeln bei mir. Noch eineinhalb Stunden bis zum Startschuss. Wie im Vorjahr knubbelten sich an der Haltestelle Universität-Süd die ersten Läuferinnen und Läufer. Der Bus 835 war einigermaßen pünktlich und so ging es los in das beschauliche Himmelgeist.
Das Wetter am Samstag Morgen war optimal. Um sieben Uhr zeigte das Thermometer 16 Grad an, es war wolkig und die Sonne zeigte sich gelegentlich am Himmel. Bestes Laufwetter also. Fix waren die Startunterlagen abgeholt und die letzten Vorbereitungen getroffen. Das Rennen konnte starten.
Ein Pacemaker? Zwei Pacemaker!
Wie bei meinem Himmelgeist-Debüt (Danke, Dirk!) hatte ich auch dieses Jahr einen persönlichen Pace-Maker. Alex hat auch am Brückenlauf teilgenommen und wollte “eher gemütlich” laufen. Das bedeutete, dass er “nur” mit einer Zielzeit von Sub 1:50 Stunden ankommen wollte und damit perfekt für mein Vorhaben gewesen ist, endlich die Sub 1:50 zu knacken.
Allerdings war ich leicht pessimistisch, ob ich dieses Vorhaben erfolgreich in die Tat umsetzen konnte. Die Gründe dafür hatte ich oben bereits beschrieben. Allerdings war es nichts mit einem Pacemaker. Ich bekam sogar einen zweiten Tempomacher gratis dazu! Stefan, den ich bereits von einigen Läufen und dem Lauftreff am Barfußpfad kannte, hatte sich Alex angeschlossen. Genau wie Alex ist auch Stefan leistungsmäßig deutlich über mir.
Weil die beiden Jungs am Vortag beim Grevenbroicher Citylauf nicht nur zwei (Alex) bzw. drei (Stefan) Wettkämpfe gelaufen sind, kam ihnen meine anvisierte Zielzeit ganz recht und so sind wir zu dritt in den Kampf gezogen. Und das sollte sich im Nachhinein als goldrichtig für mich herausstellen.
Der Wettkampf beginnt
Kurz hinter der Startlinie haben wir uns einsortiert und nachdem der obligatorisch verspätete Bus mit großem Hallo und La Ola-Welle begrüßt worden war, konnte der Startschuss um kurz nach acht ertönen.
Mit Alex, Stefan und ich peilten anfangs eine Pace zwischen 5:10 und 5:15 an. Ich wusste: wenn ich unter 1:50 Stunden ins Ziel kommen wollte, musste im Ziel mindestens eine 5:11er Pace stehen. Uff, das war eine Ansage. Als mir Alex am Donnerstag vor dem Lauf von einer geplanten Pace von 5:11 Minuten pro Kilometer berichtet hatte, wuchs mein Respekt vor der Aufgabe.
Doch diese Gedanken wischte ich beiseite und konzentrierte mich auf das Laufen. Mein Blick galt nur gelegentlich der Laufuhr. Und es klappte prima. Ohne große Korrekturen blinkte regelmäßig die Ziffernfolge 5:15 oder 5:10 auf der Uhr auf. Wie eine Maschine spulten wir unser Programm ab und hatten sogar – zumindest auf den ersten zwölf, dreizehn Kilometer, Zeit für einen Plausch zu dritt.
Ruckzuck waren fünf Kilometer abgespult, dann zehn Kilometer. Und plötzlich lief ich über die Südbrücke. Jene Brücke, die ich zweieinhalb Stunden zuvor mit dem Auto befahren hatte. Die Zeit war wie im Flug vergangen und wir lagen klasse in der Zeit. Stefan hatte nicht nur die Aufgabe des Pacemakers übernommen, sondern betätigte sich auch als Zeitnehmer. Es sah gut aus. Doch dann kam ein fieser Gegner.
Naturgewalt als Gegner
Nachdem wir den Rhein überquert hatten, ging es rechtsrheinisch in südlicher Richtung nach Himmelgeist. Es wehte kilometerlang ein fieser Gegenwind, der das Vorankommen erschwert hatte. Zu allem Überfluss gesellte sich auch noch die Sonne dazu, die sich bislang hinter den Wolken verborgen hatte. Jetzt war es nicht mehr ganz so gemütlich zu laufen, doch ich war erstaunt, dass ich selbst bei Kilometer 14 immer noch keine körperlichen Beschwerden verspürte.
Das hatte ich auch Alex zu verdanken, der mit mit dem Zuruf “Pace” ermahnte, an Steigungen nicht zu stark aufzudrehen und unnötig Kräfte zu verschwenden. Überhaupt war ich erstaunt, wie gut ich das für mich ungewohnt hohe und konstante Tempo wegstecken konnte. Langsam aber sicher wuchs in mir die Erkenntnis, dass es etwas mit meinem großen Ziel werden könnte.
Verpflegungspunkt 8 mit Power Up
Bis zum Verpflegungspunkt 8, der nach 17,7 Kilometer am Wasserwerk stationiert war, hatte ich bis dahin alle sieben Verpflegungsstationen ausgelassen. Weder Wasser noch Isogetränke hatte ich – im Gegensatz zu meinen beiden Tempomachern – zu mir genommen.
Das lag zum einen am fehlenden Durst – ich weiß, wenn der Durst kommt, ist es bereits zu spät – und zum anderen an meinem Unvermögen, während des Laufens zu trinken. Vor einem Jahr endete der Versuch in einem nassen Fiasko. Ich erinnerte mich an die Worte von Klaus Nofftz, der mir in Vorbereitung für den Venloop 2017 geraten hatte, beim Trinkstand zu stoppen und in Ruhe zu trinken.
Und so machte ich es auch. Ich hielt am Cola-Stand an und schüttete die süße Limonade in kleinen Schlucken in mich hinein. Eine Entscheidung, die sich als goldrichtig erweisen sollte. Als es in den Endspurt ging – wir lagen weiterhin perfekt im Soll. Auf den letzten drei Kilometern rief mir Stefan immer wieder die erwartete Zielzeit zu, die sich mit etwas Puffer unter 1:50 festsetzte.
Endspurt im Halbmarathon
Weil ich mich selten beim Laufen selbst beobachte, war ich erfreut, als Stefan bei Kilometer 19 feststellte, dass ich “immer noch ganz entspannt” aussehe. Und es stimmte. Mein Puls lag unter 160 Schlägen pro Minute, die Oberschenkel und Waden brannten weder noch zwickten sie und ich hätte immer noch Bäume ausreißen können. Und dann kam der Endspurt.
Tausend Meter vor dem Ziel zog Stefan das Tempo an. Von 5:10 ging es auf 5:05 und 5:00 Minuten und ich spürte die Power des Koffeins. Die Cola tat in meinem Körper was sie tun sollte und sorgte für einen Boost. Stefan feuerte die Läufer um ihn herum und speziell mich unentwegt an. Als wir in Himmelgeist nahe des Zieleinlaufs angekommen waren, gab ich noch mal alles und sprintete über die Ziellinie. Wow, das fühlte sich verdammt gut an.
1:48:23 Stunden
Meine Wunschzeit hatte ich erreicht. Und nicht nur das. Ich hatte sie deutlich unterboten. Und zwar um mehr als eineinhalb Minuten. Für mich fabelhafte eine Stunde, 48 Minuten und 23 Sekunden standen auf der Uhr. Ein Ergebnis, das ich nicht für möglich gehalten hätte.
Ich habe in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge am Wettkampf teilgenommen und meine Zielzeit um drei Minuten verbessert. Das ist eine Ansage. Beinahe noch erstaunlicher als meine Zielzeit war mein körperliches Empfinden. Ich fühlte mich den ganzen Lauf entspannt und locker, nur der Endspurt war anstrengend – aber das muss auch so sein.
Meine Erkenntnis: Es ist Wahnsinn, wie kräfteschonend und doch effektiv eine konstante Geschwindigkeit ist. Vielen Dank an Alex und Stefan, die mich 21.095 Meter perfekt begleitet haben und diesen Erfolg erst möglich gemacht haben.
Perfekter Halbmarathon und viele bekannte Gesichter
Von den sportlichen Erlebnissen abgesehen, war auch der Lauf an sich erneut perfekt organisiert. Eine gleichermaßen familiäre Atmosphäre und professionelle Organisation in Himmelgeist machen den Halbmarathon zu einem absoluten Muss in meinem Laufkalender.
Das beginnt bei der Anmeldung, den Informationen auf der Webseite bis hin zu der Kommunikation via Facebook und endet beim Zieleinlauf mit der klasse Verpflegung. Die leckeren Müsliriegel, das erfrischende alkoholfreie Weizen, Iso-Getränke und Wasser. Nicht zu vergessen die Tombola mit den zahlreichen Preisen für die Teilnehmer (auch wenn ich erneut leer ausgegangen bin 😉 ).
Und natürlich auch die zahlreichen Läuferinnen und Läufer, von denen ich inzwischen auch einige kennenlernen durfte. So wie Kristina S., mit der ich bislang nur via Facebook im Austausch gewesen bin. Außerdem gab es wieder ein Erlebnis, das mir meine dürftige Namen-Merk-Schwäche vor Augen geführt hat. Sonja F. sprach mich an, die meine Posting im Gesichtsbuch kennt und die ich erst im Nachgang zuordnen konnte.
Keine Beschwerden nach dem Lauf
Es gab eine erstaunliche Erkenntnis nach dem Lauf: mir tat nix weh, kein Körperteil, kein Muskel. Überraschendes hatte mein Körper auch einen Tag später zu vermelden. Ich hatte am Sonntag Morgen keinen Muskelkater oder Schmerzen.
Da ist also für die Zukunft noch mehr drin. Selbst bei mir altem Mann.
Mehr zum Thema Laufen in meiner Artikel-Serie “Projekt Laufen”
Alle bisherigen und künftigen Beiträge zum Thema Laufen findet ihr unter #ProjektLaufen2014, unter #ProjektLaufen2015 unter #ProjektLaufen2016 und #ProjektLaufen2017.
26. Juni 2017 um 19:17
Das hast Du ja mal eine Zeit rausgehauen! Glückwunsch
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6. Juli 2017 um 23:36
Der Himmelgeister Halbmarathon ist immer eine Reise wert, wer einmal dabei war, kommt gerne wieder. Tolle Umgebung, schöne Strecke und das Orga Team macht einen wirklich klasse Job, das kann man gar nicht genug loben.
Glückwunsch zur persönlichen Bestzeit!
7. Juli 2017 um 08:41
Lieben Dank. Oliver. Glückwunsch auch zu Deiner Mega-Zeit mit 1:31 Stunden. Krass!
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