Wer das erste Mal einen Marathon läuft, hat nicht nur einen großen Respekt vor der Aufgabe, sondern auch viele Fragen.
Fragen, die nicht nur den Marathon an sich, sondern auch zahlreiche andere Themen rund ums Laufen betreffen: Training, Ernährung, Psychologie und und und…
Da trifft es sich gut, dass es erfahrene Läufer gibt, die für alle möglichen Fragen zur Verfügung stehen. So wie Uwe Seedorf von Laufsport Bunert.
Das ist Uwe Seedorf
Seitdem ich Teil der #DeinErsterMarathon-Crew bin, kümmert sich Uwe Seedorf von Laufsport Bunert in Neuss um mein Training und um mich.
Es gibt keine Frage, die ich Uwe nicht stellen kann. Als erfahrener Marathoni kann der Neusser auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen und hat mir zehn Fragen rund um die 42,195 Kilometer beantwortet.
Los geht´s!
1. Die letzten Tage vor dem Marathon: was ist wichtig? Worauf sollte ich achten?
Erholung ist das A und O. Damit Du mit voller Power an der Startlinie stehen kannst. Das heißt in den letzten 10 Tagen wirklich die Energie kommen lassen und das absolvierte Training wirken lassen. Und keine Bewegungen, sprich Sportarten, in dieser Phase ausprobieren, die Du bisher nicht gewöhnt bist.
2. Nach dem Marathon: wie gelingt die Regeneration am besten?
Ich habe mich nach dem Marathon noch am nächsten Tag 30 Minuten bewegt. Traben und Gehen im Wechsel. Und dann habe ich den Rest der Woche die Beine hochgelegt und nichts gemacht.
Auch wenn sich viele Läufer nach zwei Tagen schon wieder ganz gut fühlen, ist da im Inneren der Teufel los. Sowohl die Organe als auch die Muskulatur haben eine Pause verdient.
3. Pace und Power: wie finde ich das richtige Tempo?
Das ist m.E. die anspruchsvollste Aufgabe beim Marathon. Das richtige Tempo finden. Denn die erste Stunde fühlt sich immer gut an.
Beim Marathon selber ist es zu spät zum testen. Schon bereits in den letzten Wochen des Trainings werden wir jetzt das richtige Tempo festlegen. Und beim ersten Marathon gilt: der Spaß sollte im Vordergrund stehen.
4. Negative Splits und mehr: die Renn-Taktik
Schon viel wurde über Renntaktik geschrieben. Und vermutlich gibt es sie nicht. Die richtige Renntaktik, die für jeden stimmig ist.
Generell ist es erst einmal ein gutes Gefühl, wenn die zweite Hälfte nicht wesentlich langsamer wird und kein großer Einbruch auf den letzten Kilometern kommt.
Ein negativer Split ist schwierig umzusetzen. Das hieße, man müsste sich auf der ersten Hälfte zurückhalten und dann gegen Ende schneller werden. Das ist aber fast nur möglich, wenn man schon sehr viele Marathon gelaufen ist und ganz genau, auf wenige Minuten exakt, die Endzeit voraussagen kann. Deshalb bin ich meine Marathons mit zwei relativ gleichen Splits gelaufen.
5. Pausen und Stärkung: Verhalten am Verpflegungspunkt
Ich bin bei meinen ersten Marathons durchgelaufen und habe während des Laufens getrunken. Ich las dann von einem australischen Trainer, der für Hobbyläufer Gehpausen empfahl.
Bei den letzten Marathons bin ich dann tatsächlich an den Verpflegungspunkten gegangen. Das trinken fällt dann viel leichter. So eine Verpflegung dauert auch lediglich 15 bis 20 Sekunden je VP.
Ein großer Vorteil für die Psyche war dann auch die Aufteilung der Strecke in acht kleine Abschnitte. Das hat mir immer geholfen und ich konnte aber auch immer gut wieder ins Laufen finden.
Und tatsächlich war ich auch nicht langsamer als bei den durchgelaufenen Marathons.
Allerdings solltest du auch das beim Training üben. Entweder das trinken beim weiterlaufen oder das wieder anlaufen nach der Trinkgehpause.
6. Gels, Liquids und Co.: welche, wann und wie viele?
Auch das muss bei den langen Läufen auf Verträglichkeit getestet werden. Gels fand ich immer unangenehm. Man musste immer so viel nachtrinken. Dennoch habe ich die benutzt. Die flüssigen Liquids heutzutage sind da gut verträglich.
Ich habe immer bei 20 km mit dem ersten Gel angefangen und insgesamt 4 Stück verwendet. Die habe ich dann kurz vor dem Getränkestand getrunken und dann mit Wasser nachgespült. Das letzte Gel habe ich bei Kilometer 35 genommen. Zumindest würde ich beim Marathon zu nichts greifen, was der Magen nicht kennt.
7. Ernährung: Was esse ich am besten?
Die Ernährung sollte sowohl in der letzten Woche als auch in allen anderen Trainingswochen ausgewogen sein.
Wer sich gut und abwechslungsreich ernährt, der gibt seinem Körper alles, was der für den Marathon benötigt. Nahrungsergänzung ist unter normalen Umständen nicht nötig. Am Lauftag selber habe ich zweieinhalb Stunden vor dem Start morgens zwei Brötchen mit Honig gegessen und einfach Wasser dazu getrunken. Manche vertragen auch einen Kaffee oder einen Tee.
Von Fruchtsäften würde ich aber wegen der Säure eher abraten. Gerade auch das richtige Frühstück würde ich aber vor den langen Läufen auf Verträglichkeit testen. Und nicht von den Hotel-Frühstücksbuffets verleiten lassen .
8. Was tun, wenn es beim Wettkampf nicht läuft?
Das Gefühl, dass es nicht läuft, ist durchaus beim Marathon ein temporärer Begleiter. Das liegt einfach an der langen Zeitdauer der Belastung.
So durchlebt man unterschiedliche Phasen. Wenn es gut läuft, sind die Gedanken nicht da, und wenn die Beine dann schwer werden, dann kommen natürlich auch solche Gedanken auf, dass es nicht läuft. Nicht läuft heißt aber auch nur, dass die Muskulatur müder wird. So sind die letzten 12 Kilometer dann wirklich die Kilometer, wo der Kopf eine entscheidende Rolle spielt. D
ann müssen positive Gedanken her. Und jetzt heißt es, die vielen erfolgreichen und guten Trainingsläufe ins Gedächtnis bringen. Denn auch bei den langen Läufen gab es kleine Tiefs und ein Stück weiter lief es dann wieder. Daran habe ich mich dann erinnert. Aber das ist ja gerade auch die Herausforderung beim Marathon.
9. Habe ich eine Frage vergessen oder kennst du eine Frage, die dir immer und immer wieder gestellt wird?
Das Kleidungsthema eventuell. Ich würde mehrere Varianten mitnehmen. Eine lange Hose wirst du sicher im April nicht brauchen. Aber Short oder Shorttight z.B. und Singlet, T-Shirt und ein dünnes Longshirt sollte im Gepäck sein. Die Entscheidung kannst du dann schon am Vorabend treffen.
Auf jeden Fall nicht zu warm anziehen. Jedoch für den Anfang und vor dem Start alte Sachen mitnehmen. Das hält warm, du kannst es wenige Minuten vor dem Start ausziehen und zur Seite werfen. Die großen Marathons sammeln das dann für den guten Zweck auch ein.
10. Dein ultimativer Tipp?
Nichts dem Zufall überlassen und alles schon vorher durchtesten. Auf die eigenen Fähigkeiten und das Training vertrauen.
Am Tag nach dem Marathon habe ich mir frei genommen. Dann konnte ich mich gut erholen und auf eine gute Ernährung und Auffüllung der Energiespeicher am nächsten Tag achten. Außerdem war das eine nicht zu unterschätzende Motivation auf den letzten Kilometern.
Noch mehr Tipps zum Marathon
Weitere Interviews mit Tipps für Marathon-Läufer gibt es hier:
- #DeinErsterMarathon: 10 Fragen von Marathon-Debütanten an Klaus Nofftz – Teil 1
- #DeinErsterMarathon: 10 Fragen von Marathon-Debütanten an Klaus Nofftz – Teil 2
Mehr zum Thema Laufen in meiner Artikel-Serie “Projekt Laufen”
Alle bisherigen und künftigen Beiträge zum Thema Laufen findet ihr unter #ProjektLaufen2014, #ProjektLaufen2015 #ProjektLaufen2016, #ProjektLaufen2017 und #ProjektLaufen2018.