Zu Beginn haben Arbeit von Thorsten Nagelschmidt und ich ein wenig gefremdelt. Es fühlte sich komisch – oder sollte ich besser schreiben: ungewohnt – an, wie der Autor das nächtliche Geschehen in der Bundeshauptstadt beschreibt. Doch Seite um Seite wurde das Bild klarer, wurden die Zusammenhänge deutlicher, um die es geht.
Ich bin erstaunt, wie detailliert und kenntnisreich Nagelschmidt jeden der zahlreichen Protagonisten in Szene setzt. Und am Ende des Buches wird mein Blick klarer und klarer. Nicht alles hängt mit allem zusammen, das ist definitiv zu hoch gegriffen. Doch vieles hängt mit vielem zusammen und das gilt auch für die Menschen, die nachts ihr “Tagwerk” verrichten.
Egal ob es sich um den Hostel-Manager handelt, die österreichischen jungen Frauen, die einfach nur Spaß wollen, oder um Anna, deren beruflicher Weg in einem Späti ein Ende gefunden hat. Nicht zu vergessen der Türsteher, dessen Leben anders als geplant läuft, die Sanitäterin, die neben Blut und Drogen unzählige nächtliche Erlebnisse hat, von denen manche Menschen ein ganzes Leben zehren könnten, und natürlich darf der kleine Dealer nicht fehlen, der Stoff für die Massen vertickt.
Thorsten Nagelschmidt entwirft in seinem Roman ein literarisches Sittengemälde einer Gesellschaft, die auf diese Art in Deutschland wohl nur in Berlin funktioniert. Die zwölf Stunden vom Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang sind temporeich, sentimental, abwechslungsreich und traurig zugleich. Und münden in einem Finale, das es in sich hat – und mich sprachlos zurücklässt.
Am Ende gibt es in Arbeit viele Antworten, mindestens aber auch genauso viele Fragen, die mir als Leser durch den Kopf schwirren.